Der Prozess wird sich um umstrittene Tonbänder drehen

■ Die Abhörprotokolle des U-Haft-Lauschangriffs wurden vom Bundesgerichtshof zugelassen, weil er eine Verurteilung Safwan Eids auf dieser Grundlage für möglich hält

Schuld ist der Bundesgerichtshof (BGH). Das höchste deutsche Strafgericht hat im Juli vergangenen Jahres den Lübecker Freispruch für den Libanesen Safwan Eid aufgehoben und eine neue Verhandlung in Kiel angeordnet.

Im Mittelpunkt des Prozesses werden die Tonbandaufnahmen stehen, die bei Gesprächen Safwan Eids in der U-Haft gemacht wurden. Das Lübecker Landgericht hatte eine Verwertung der Bänder für unzulässig erklärt.

Die Wanzen waren im Besuchszimmer der Lübecker Haftanstalt angebracht. Dort empfing Safwan Eid mehrmals Besuch von seinem Vater und seinen Brüdern. Gesprochen wurde natürlich über das Verfahren, worauf auch die Staatsanwaltschaft spekulierte. Ihr Lauschangriff war zwar von einem Amtsrichter genehmigt worden. Das Lübecker Landgericht erklärte ihn dennoch für unzulässig, weil der Haftraum unzulässigerweise einer Wohnung gleichgestellt wurde. Der BGH ließ die Verwertung der Tonbänder nun jedoch zu.

Das allein hätte allerdings ein erneutes Verfahren nicht gerechtfertigt. Aufgehoben wurde der Lübecker Freispruch vielmehr, weil der BGH glaubte, dass bei Berücksichtigung der Tonbänder möglicherweise eine Verurteilung Eids möglich gewesen wäre.

Diese Einschätzung des BGH kam überraschend. Denn die Revision war nur von den Nebenklägern, der Familie El-Omari, eingebracht worden. Weder die Lübecker Staatsanwaltschaft noch die Bundesanwaltschaft hatten sich dem angeschlossen. Ein Vertreter des Bundesanwaltschaft betonte in Karlsruhe sogar: „Der Beweiswert dieser mehrdeutigen Protokolle ist so schwach, dass ein anderes Urteil ausgeschlossen werden kann.“ Man kann nun darüber spekulieren, ob der BGH den Streit um die Bänder nur benutzt hat, um ein für falsch erachtetes Urteil zu kassieren. Dass in der Urteilsbegründung die belastenden Aspekte ausführlich aufgezählt wurden, ohne Entlastungsargumente zu erwähnen, deutet darauf hin.

Der neue Prozess, das hat auch der BGH bestimmt, wird nun vor dem Landgericht in Kiel stattfinden. Man hätte den Fall auch an eine andere Kammer des Lübecker Gerichts zurückverweisen können, aber dann wären immer noch die gleichen Staatsanwälte zuständig gewesen. Da deren früh auf Safwan Eid fixierte Ermittlungen stark kritisiert worden waren, wollte man hier offensichtlich einen völligen Neuanfang.

Zwar ist einer der in Lübeck mit dem Verfahren befassten Staatsanwälte inzwischen in Kiel tätig. Auf seine Dienste wurde aber verzichtet. Stattdessen hat sich ein Kollege in das Verfahren eingearbeitet, der zuletzt in Prozessen gegen Rechtsradikale tätig war.

Eids Anwältin Gabriele Heinecke hält den neuen Prozess für „völlig überflüssig“. Eine gründliche Auswertung der Bänder werde ihren Mandanten eher entlasten. Die Staatsanwaltschaft habe sich bisher auf die „fehlerhafte“ Übersetzung eines BKA-Gutachters gestützt. Schon im Lübecker Verfahren war bekannt geworden, dass andere Dolmetscher die Übersetzung kritisierten. Das Kieler Landgericht hat deshalb einen neuen Sachverständigen beauftragt, der die Bänder vollständig übersetzte. „Da sind zahlreiche angeblich belastende Passagen völlig verschwunden“, so Gabriele Heinecke gegenüber der taz. Die Staatsanwaltschaft wollte indes das neue Gutachen „nicht vorab“ kommentieren.

Das Gericht wird nach der morgigen Prozesseröffnung jeden Montag und Dienstag in Kiel verhandeln. Zuständig ist eine Jugendkammer, weil nicht sicher ist, ob Eid zur Tatzeit 20 oder 21 Jahre alt war. Zum Prozessbeginn wollen auch wieder Unterstützer des Libanesen demonstrieren.

In den ersten Verhandlungstagen will sich das Gericht zunächst „einen Überblick“ über die räumlichen und persönlichen Konstellationen im Flüchtlingsheim verschaffen und dann die Sprachgutachter zum Inhalt der Tonbänder anhören. Christian Rath