Grüne: Sparpaket braucht starke Schultern

■  Wie in der SPD regt sich nun auch in der Grünen-Fraktion der Widerstand gegen Schröders Sparpaket. Abgeordnete und Fachpolitiker fordern eine „soziale Ausgewogenheit“ des Sparprogramms

Berlin (taz) – Die Palastrevolution der SPD-Linken gegen das Sparpaket ist noch nicht niedergeschlagen, da kündigt sich beim grünen Regierungspartner Widerstand an. Eine ganze Reihe von linken Abgeordneten und Fachpolitikern der bündnisgrünen Bundestagsfraktion wollen das „Zukunftsprogramm 2000“ nicht unverändert passieren lassen. „Ich halte die politische Grundsatzentschiedung dieses Haushalts für falsch“, sagte Annelie Buntenbach im Interview mit der taz. Die Abgeordnete will mit anderen Linken versuchen, die sozialen Härten der Kürzungen in Höhe von 30 Milliarden Mark abzumildern – und als Gegenleistung Steuern für Vermögende erhöhen. Das Zukunftsprogramm wird am Dienstag in erster Lesung im Bundestag behandelt.

Die Wogen in der SPD-Fraktion hatten sich gestern nach einer zweitägigen Klausurtagung geglättet. Bundeskanzler Schröder gestand den Aufrührern zu, die Einführung einer Vermögenssteuer seriös zu prüfen. Gernot Erler (SPD), stellvertretender Fraktionschef und einer der Sprecher der parlamentarischen Linken, sagte daraufhin, die Durchsetzung des Sparpakets sei nicht gefährdet. Die Einwände dagegen seien aber „keine Arabesken“, warnte er. Auch die linken Kritiker bei den Grünen vermieden Drohungen, wiesen aber darauf hin, „dass es uns Ernst ist“, so Christian Ströbele. Der Berliner Abgeordnete sagte der taz, es sei „ein wichtiges Signal für die grüne Wählerschaft“, die „soziale Ausgewogenheit“ des Programms zu wahren. Ströbele nannte als Beispiel, dass die „Allerärmsten von der Kindergelderhöhung gar nichts haben“. Spitzenverdiener können wegen der Familienentlastungen Steuervorteile von mehreren tausend Mark pro Jahr geltend machen. Dagegen wird Sozialhilfeberechtigten das monatliche Kindergeld von 270 Mark wieder abgezogen.

Nicht nur in der Kindergeldfrage geht der Kreis der Änderungswilligen weit über die Linke hinaus. Auch die starken Kürzungen im Entwicklungshilfeetat stellt eine breite Front grüner Politiker infrage. Das Nord-Süd-Budget wird laut Entwurf im Jahr 2000 um 674 Millionen Mark gekürzt – die Grünen wollen rund 100 Millionen Mark weniger einsparen. Die SPD will das unterstützen.

Mehrere grüne Abgeordnete betonten, dass sie ein Hauruckverfahren wie bei den Steuergesetzen im März 1999 nicht akzeptieren werden. „Es wird mit mir kein Pseudoberatungsverfahren mehr geben“, sagte der finanzpolitische Sprecher Klaus Müller. Er akzeptiere das Sparpaket in seiner Höhe. Er werde seine Rechte als Parlamentarier gleichwohl wahrnehmen. Nicht anders äußerten sich der einflussreiche Verkehrspolitiker Schmidt und die Haushaltsexpertin Hermenau. Christian Füller

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