Werthebachs Verhalten weiter unter Beschuss

■ Grüne und SPD bleiben dabei: Aktenvernichtung war nicht korrekt

Die Verteidigungslinie von Innensenator Eckart Werthebach (CDU) bei der „Reißwolfaffäre“ ist von SPD und Grünen scharf kritisiert worden. Die Aktenvernichtung sei nicht zulässig gewesen, betonten Frank Ebel (SPD) und Wolfgang Wieland (Grüne), die beide im Untersuchungsausschuss zum Blutbad am israelischen Generalkonsulats sitzen. Dabei hatten israelische Sicherheitsleute vier Kurden erschossen.

Der Ausschussvorsitzende Wieland hob gegenüber der taz hervor, es sei eine „Unverschämtheit“, wenn Werthebach sage, die Vorwürfe seien bloß „heiße Luft“ und ihm als Senator sei „eine Falle“ gestellt worden. Damit konstruiere Werthebach eine Verschwörung und wolle von eigenen Versäumnissen beim Schutz des Konsulats ablenken.

Die Vorwürfe gegen Werthebach beziehen sich auf Geschehnisse im März: Damals hatte der Leiter des Verfassungsschutzamtes, Eduard Vermander, nach eigenen Angaben einen von ihm selbst verfassten Vermerk über ein Gespräch mit dem Leiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz nach Absprache mit der Innenverwaltung durch den Reißwolf jagen lassen und einen neuen Vermerk geschrieben. In der alten Notiz, erstellt am Vortag des Blutbades, hatte Vermander festgehalten, dass mit dem Bundesamt bei den gefährdeten Objekten in der Hauptstadt keine Rangfolge bestimmt worden sei.

Auf eine angeblich vom Bundesamt erstellte Prioritätenliste aber hatte sich Werthebach immer berufen. Demnach sei das Konsulat nur so wenig geschützt worden, da es auf der Liste weit hinten erschienen sei. Als Vermander auch die Kopien des alten Vermerks beseitigen wollte, hatte das sein Vize Klaus Müller verhindert.

Wieland unterstrich, eine Aktenvernichtung könne man nur vornehmen, wenn dies an anderer Stelle notiert und begründet werde. „Hier aber sollte es niemand merken.“ Sofort nach Werthebachs erster Zeugenaussage vor dem Untersuchungsausschuss habe Vermander nach einem Gespräch mit dem Senator eine „Jagd nach den Kopien“ unternommen: „Wer da an Zufälle glaubt, muss sehr gutgläubig sein.“

Ebel sieht in der Aktenvernichtung einen Verstoß gegen die gemeinsame Geschäftsordnung der Berliner Verwaltung. Der Vorwurf einer Verschwörung, den Werthebach nahe gelegt habe, sei „abstrus“ – denn dies sei entweder ein Misstrauensvotum Werthebachs gegen seine direkten Mitarbeiter oder gegen Vermander.

Die „Dringlichkeit“, mit der Vermander um Pfingsten herum zuerst den alten Originalvermerk vernichtet, dann nach den Kopien geforscht habe, spreche dafür, dass es „nur politische Gründe“ für die Aktenvernichtung gegeben habe. Zudem sei die Reißwolfaktion erst im Mai gelaufen, als es schon einen Untersuchungsausschuss gab. „Da war klar: Jetzt guckt das Parlament rein.“ Philipp Gessler