Atomstromsteuer für Schweden

■ Neben der Einführung einer Steuer auf Atomstrom steigt im Rahmen einer „grünen Steuerreform“ auch die Dieselsteuer um mehr als fünf Pfennig  Von Reinhard Wolff

Stockholm (taz) – Schweden wird im nächsten Jahr eine spezielle Energiesteuer auf Atomstrom einführen. Dies zeigte sich am Wochenende bei den Verhandlungen über den Staatshaushalt 2000,die die regierenden Sozialdemokraten mit ihren Unterstützerparteien führen, den Grünen und der Linkspartei. Die Atomstromsteuer ist eine Bedingung der Grünen für das Ja zum Staaatshaushalt. Die Atomstrombesteuerung wurde vom Grünen-Sprecher Birger Schlaug als Sieg gefeiert: „Auf diesen Durchbruch haben wir seit 20 Jahren gewartet.“

Die Steuer wird aus Gründen der Vereinfachung nicht auf den tatsächlich produzierten und auf dem Markt verkauften Atomstrom erhoben, sondern direkt anhand der theoretischen Produktionskapazität der Atomkraftwerke berechnet und eingezogen. Umgerechnet auf die Kilowattstunde wird dies eine Verteuerung für Atomstrom in Höhe von 0,5 bis 1 Öre (durchschnittlich rund 0,2 Pfennig) bedeuten.

Der vermeintlich bescheidene Aufschlag wird wegen der niedrigen Preise auf dem nordischen Strommarkt den Atomstrom im Jahresschnitt um immerhin 7 Prozent gegenüber alternativem Strom verteuern. Das trifft die Atomkraftwerke hart, hatten sie doch bereits seit längerer Zeit mit dem wesentlich billigeren Wasserkraftstrom nur noch schwer konkurrieren können. Hinter dem Konzept der Atomstromsteuer steckt daher auch die Hoffnung, dass der Marktmechanismus die AKWs schneller abstellt, als die Politik dies schafft.

Auch eine Erhöhung der Dieselsteuer um 25 Öre, rund 5,5 Pfennig, im kommenden Jahr dürfen sich die Grünen als Erfolg verbuchen. Der Anteil von neuzugelassenen Diesel-Pkws war in Schweden in den vergangenen Jahren von nur 1 bis 2 Prozent auf über 10 Prozent in die Höhe geschnellt. Diese Entwicklung hatte die Regierung selbst hervorgerufen, als sie ein Kfz-Steuersystem abschaffte, das Dieselmotoren benachteiligt hatte.

Statt die Kfz-Steuer für Diesel-Pkw nun wieder zu erhöhen, setzt man auf eine Erhöhung der Kraftstoffsteuer für Diesel. Damit sollen zwei Fliegen mit einer Klappe getroffen werden: Nicht nur wird Pkw-Diesel an den Tankstellen fast genauso teuer wie Normalbenzin werden; auch für die Lkws wird das Tanken damit deutlich teurer. Mit den so entstehenden Steuerentlastungen sollen betriebliche Fortbildungsmassnahmen gefördert werden.