Die bayerische SPD will weiter Spaß an der CSU haben

■ Für die Opposition ist der Skandal der Staatsregierung die Chance, sich zu profilieren. Dabei will sie sich auch durch den Rauswurf eines Ministers nicht beirren lassen

Berlin (taz) – Die SPD in Bayern hat wieder ein Ziel. Die Wohnungsbau-Affäre der CSU-geführten Staatsregierung hat die Opposition aus jahrelanger landespolitischer Lethargie gerissen. Seit Monaten müht sich eine kleine Crew führender Sozialdemokraten im Freistaat mit viel Elan um die Aufklärung. „Den großen Blumentopf werden wir mit der LWS-Affäre vielleicht nicht gewinnen“, erzählt einer aus dem Kreis, „aber es macht Spaß, das muss ich sagen.“ Das Vergnügen, Ministerpräsident Edmund Stoiber öffentlich vorzuführen, wollen sich die Sozialdemokraten auch durch den Rauswurf von Justizminister Alfred Sauter nicht nehmen lassen.

Stoibers Trennung von seinem einstigen Vertrauten kommt der Opposition eher ungelegen. Sie befürchtet, dadurch könnte Stoiber erst mal eine Verschnaufpause in der parlamentarischen Auseinandersetzung um die Verantwortung für die LWS-Verluste erhalten. Der Ministerpräsident habe sich schlicht eines „Hauptbelastungszeugen“ entledigt, formuliert ein SPD-Funktionär im Mafia-Jargon. Bei der anstehenden Landtagssitzung, auf der Sauters Entlassung gebilligt werden muss, wollen die Oppositionsabgeordneten sich darum auf Stoiber konzentrieren, doch Einzelheiten sind noch geheim: „Wir leben vom Überraschungsmoment.“

Die strategischen Köpfe in Partei und Fraktion glauben jedoch hinter der eher verwirrend komplexen Finanzaffäre ein Prinzip auszumachen: „Wenn eine Partei glaubt, der Staat gehört ihr, und jegliche Kontrollmechanismen ausgeschaltet sind – das ist das System Stoiber.“

Ein Handicap hat die SPD dabei zu bewältigen. Anders als bei den Amigo-Affären unter den Ministerpräsidenten Strauß und Streibl hat von den LWS-Verlusten kein Politiker persönlich profitiert. Trotzdem ist man in der Münchner SPD-Zentrale optimistisch. „Wir haben weitaus präziseres und umfangreicheres Material als früher“, beschreibt ein Mitarbeiter die Beweislage. Auch gebe es jede Menge anonymer Hinweise.

Mit einem Untersuchungsausschuss hat es die Landtagsfraktion allerdings nicht eilig. Die Erfahrung vergangener Jahre zeige: „Was wir vorher nicht wissen, kriegen wir im Untersuchungsausschuss auch nicht raus.“ Die Hoffnungen der SPDler richtet sich nicht zuletzt auf Alfred Sauter. Die Wut über seinen Rauswurf macht ihn womöglich redselig.

Aller Anstrengungen zum Trotz dürfte es für die SPD in Bayern schwierig werden, aus den Fehlern der CSU eigene Vorteile zu ziehen. Renate Schmidt, die gleichzeitig Chefin des Landesverbands wie der Landtagsfraktion ist, hat ihren mittelfristigen Rückzug aus der Politik angekündigt. Nicht ohne Zufall engagieren sich darum zwei Personen besonders stark in der Aufklärung der LWS-Affäre: Walter Hoderlein, der Generalsekretär der bayerischen SPD, könnte Schmidt als Landesvorsitzende beerben, während dem Landtagsabgeordneten Franz Maget Ambitionen auf das Amt des Fraktionsvorsitzenden nachgesagt werden. Patrik Schwarz