Stoiber zu Spezi Sauter: Oans, zwoa, g'feuert

■  Bayerns Ministerpräsident entlässt seinen Justizminister – und sich selbst aus der Verantwortung. Alfred Sauter will seinen Rauswurf so nicht akzeptieren

Berlin (rtr/taz) – So viel Widerstand war selten – in Bayern. Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) hat am Wochenende seinen Justizminister Alfred Sauter (CSU) fristlos entlassen. Und der teilt darauf mit, dass er gar nicht daran denke, seinen Ministersessel zu räumen. Es ist der vorläufige Höhepunkt in der Affäre um die Millionenverluste der Landeswohnungs- und Städtebaugesellschaft in Bayern (LWS). Und das Ende einer politischen Pissgemeinschaft. Seit Sauter Mitte der Neunzigerjahre Stoiber im parteiinternenen Machtkampf mit Theo Waigel unterstützte, galten die beiden als unzertrennliche politische Freunde.

Stoiber reagierte mit der Entlassung Sauters auf einen Focus-Bericht, in dem dieser klarstellte, er werde das Feld nicht freiwillig räumen und zurücktreten, auch wenn Stoiber darauf dränge. Sauter steht seit Wochen unter Druck, nachdem bekannt wurde, dass die LWS durch riskante Bauträgergeschäfte vor allem in Thüringen und Sachsen 376 Millionen Mark in den Sand setzte. Politisch trägt Sauter, der zwischen 1993 und August 1998 Aufsichtsratsvorsitzender der Gesellschaft war, dafür die Verantwortung.

Die Vorwürfe sollen durch den heute der Öffentlichkeit vorgestellten Abschlussbericht des bayerischen Obersten Rechnungshof bestätigt werden. Die Akten, die der Staatsregierung seit einer Woche bekannt sind, drohen auch Stoibers Ruf zu beschädigen. Schließlich war er es, der 1991 die Expansion der LWS in die neuen Bundesländer in seiner Zeit als Innenminister gegen die Warnungen des Finanzministeriums durchgedrückt hatte. Bayerns Oppositionsführerin Renate Schmidt (SPD) warf Stoiber vor, er wolle mit der Entlassung Sauters von seiner Verantwortung für die LWS-Vorgänge ablenken.

Sauter selbst sieht sich trotz seines Rauswurfs weiterhin als Justizminister. Er verweist auf Artikel 45 der bayerischen Verfassung, in dem steht: „Der Ministerpräsident beruft und entlässt mit Zustimmung des Landtags die Staatsminister und Staatssekretäre.“ Stoiber betrachtet diese Interpretation als falsch. Zwar sei Sauter bis zur Zustimmung des Landtags zu seiner Demission formal noch Mitglied des Kabinetts, aber ohne Ressortverantwortung. Die wurde kommissarisch auf den Innenminister Günther Beckstein (CSU) übertragen.

Sauter soll seine Entlassungsurkunde schon heute erhalten. Der Chef der CSU-Fraktion im Landtag hatte sich hinter Stoibers Entscheidung gestellt. Ein Landtagsbeschluss könnte nach Angaben aus Landtagskreisen in knapp zehn Tagen fallen. Eberhard Seidel
‚/B‘ Berichte Seite 7, Kommentar Seite 11