Ein Boulevard mit Lkw

■ Die Martinistraße wird umgebaut: Bäume an den Seiten und neue Streifen für Radfahrer / Lkw und Busse fahren weiter auf dem neu gestalteten „Boulevard“

Lange hat es gedauert, bis man sich endlich einig wurde: über die Fahrbahnbreite, die Anzahl der Spuren, oder etwa die Verlegung von Straßenbahnschienen. Vor acht Jahren hatte die Große Koalition beschlossen, die Martinistraße in einen Flanier-Boulevard umzugestalten. Denn bisher, so war man sich einig, behindere der rege Verkehr die Verbindung von Obernstraße und Weserufer. Gestern haben nun die Bauarbeiten des neun Millionen Mark teuren Projekts begonnen.

Streitpunkt war in den vergangenen Jahren vor allem die Frage, wieviele Spuren die Martinistraße nun eigentlich haben soll. Der jetzige Kompromiss von SPD und CDU versucht den goldenen Mittelweg. Die Fahrbahn bleibt zwar vierspurig, wird aber um einiges enger (von 18 auf 12,2 Meter), für LKW und Busse aber trotzdem weiterhin passierbar. In erster Linie profitieren sollen aber Fußgänger und Radfahrer vom neuen Boulevard. Während sich letztere bisher halsbrecherisch ihren Weg durch die fahrenden Autos bahnen mussten, bekommen sie jetzt auf jeder Seite einen 1,5 Meter breiten Radweg.

Und damit das Verweilen auf dem künftigen Martini-Boulevard auch ein optisches Vergnügen wird, werden links und rechts Bäume gepflanzt – ein richtiger Boulevard eben.

Gebaut wird abschnittsweise. So soll zuerst die Böttcher Straße und Bredanstraße mit der Kreuzung an der Ersten Schalchtpforte erneuert werden. Hier will man sich laut Bauressort beeilen und noch bis Ende November dieses Jahres fertig sein, damit das Weihnachtsgeschäft für die anliegenden Einzelhändler nicht behindert wird.

Gut vier Wochen lang, bis Anfang Januar, sollen deshalb die Bauarbeiten ruhen. Danach geht es mit den vier nächsten Teilabschnitten weiter – solange, bis sich die Bauarbeiter von der Wilhelm-Kaisen-Brücke bis zum Brill gebuddelt haben. Nach bisheriger Planung dauert das etwa gute zehn Monate.

Dass es während der Umgestaltung der Martinistraße bis kommenden Juni ein Verkehrs-Chaos geben könnte, glaubt Bauressort-Sprecher Holger Bruns allerdings nicht: „Wer die Innenstadt umfahren will, kann als Alternative den Wall nehmen, der seit einiger Zeit in beide Richtungen befahrbar ist.“ Und gestern, als der erste Spatenstich getan wurde, staute es sich auch noch nicht. Bruns: „Warum sollte es also die nächsten Monate Probleme geben?“.

Die in den vergangenen Jahren diskutierte Verlegung der Straßenbahnlinien 2 und 3 von der Obern- in die Martinistraße wird im Moment nicht umgesetzt. Sie ist zwar formal noch nicht vom Tisch. Aber gebaut wird erstmal nicht, sagt Bauressort-Sprecher Holger Bruns auf Anfrage: „Die Option ist zwar noch offen, aber die Beschlussfassung eindeutig: Es gibt jetzt keine Straßenbahn.“ Die Wahrscheinlichkeit, in den kommenden Jahren doch noch einmal auf die Option zurück zu kommen, scheint aber sehr gering. Denn neben den immens hohen Kosten, gebe es wegen des Tiefer-Tunnels erhebliche technische Schwierigkeiten bei der Anbindung an die Domsheide.

Die Arbeiten gehen also los, der Verkehrs-Stau ist durch die Alternativstrecke über den Wall abgewendet und die Anlieger wurden auch informiert. Die nächste Bremer Baustelle – samt Gehämmer und Getöse – kann also bis zum anvisierten Baustopp bis Juni 2000 besichtigt werden, lockt ein eigens vom Bauressort ausgegebenes Faltblatt mit der Überschrift „Ein Boulevard für Bremen: „ An keiner anderen Stelle in der Stadt zeigt sich die behutsame Modernisierung (...) so deutlich wie hier.“

san