Mit allerbester Laune im Stau

Die Shell-Studie ist nicht nur ein Prognose für den Autoverkehr, sie ist auch Ausdruck des Befindens der Autolobby: Die fühlt sich wieder prima  ■   Von Matthias Urbach

Berlin (taz) – Viel interessanter als das Was ist zuweilen das Wie. Zum 22. Mal präsentierte Shell gestern seine Mobilitätsstudie, ein festes Ritual seit über 40 Jahren. Die Prognosen des Mineralölkonzerns überraschen nicht: Immer mehr Autos, die immer weniger Sprit verbrauchen und immer weniger Abgase produzieren. So geht das schon ein paar Jahre.

Viel stärker ändert sich aber die Präsentation: 1993 hieß es noch in der Vorbemerkung zur Studie defensiv, „das Auto stehe im Brennpunkt der öffentlichen Diskussion“ und ihm würden „eine Vielzahl von Problemen ... angelastet“; entsprechend bat man alle „gesellschaftlichen Gruppen“ um „Lösungskonzepte“. Auch 1997 wusste man noch, dass das Auto durch „Luftbelastung, Lärm und Flächenverbrauch unsere Umwelt“ beeinträchtige. Dieses Jahr hingegen geht es nur noch darum, „die Bedürfnisse des Verkehrs besser mit den Forderungen des Umweltschutzes in Einklang zu bringen“. Vorweg wird freilich betont, dass das Auto „mehr als alle anderen Verkehrsträger zur Steigerung unseres Wohlstand“ beigetragen habe. Unter Schröder fühlt man sich wieder wohl im Lande.

Das merkt man auch den prognostizierten Stückzahlen an: 1993 konnten sich die Shell-Experten allerhöchstens 715 Autos auf 1.000 Bundesbürger vorstellen, vor zwei Jahren waren es noch 736 – inzwischen sind es 748. Immerhin: Der Benzinverbrauch sinkt bis 2020 um „mindestens 30 Prozent“, die Abgase auf etwa ein Drittel – leicht schwankend je nach Schadstoff.

Ganz selbstbewusst führen die Shell-Leute diese Umwelterfolge auf „gemeinsame Bemühungen von Politik, Automobilindustrie und Mineralölindustrie“ zurück – eine interessante Theorie. Fragt sich nur: Wer hat diese Herren angetrieben?

Wie sehr Umwelt- und Verkehrsverbände Shell, VW und Co auf die Sprünge geholfen haben, besseren Sprit und sparsamere Motoren zu bauen, lässt sich dagegen durch den Vergleich der Szenarien erahnen. Selbst 1993, als das Auto laut Studie noch im „Brennpunkt der Diskussion“ stand, erwartete man für 2010 Neuwagen mit einem Verbrauch von 5,8 bis 6,5 Liter auf 100 Kilometer – inzwischen erwartet man 5,3 bis 5,4 Liter Verbrauch.

Wer die Karriere der Vorschläge der EU-Kommission zur Verbrauchsbeschränkung der Autos beobachtet hat, der weiß, dass die Industrie bislang das Mögliche noch immer zu vereiteln wusste. Auch Schröders Veto gegen die Altautoverordnung nährt nicht den Glauben an die innovative Kraft von Politik und Industrie.

In einem Punkt ist es Shell und seinen Experten offenbar ernst. War man sich vor zwei Jahren über den Antrieb der Zukunft noch unsicher, so hat Shell sich inzwischen entschieden: für die wasserstoffgetriebene Brennstoffzelle. Tatsächlich forschen alle großen Autohersteller daran – auch Shell.