Stolpe mag weder PDS noch CDU

■ Welche Koalition regiert in Zukunft Brandenburg? Den Genossen in Potsdam sind eigentlich alle Nichtsozialdemokraten ein Gräuel

Manfred Stolpe muss nun A oder B sagen. Lediglich 37 Abgeordnete wird die SPD in den neuen Brandenburgischen Landtag (89 Sitze) schicken. Und damit Stolpe Ministerpräsident bleiben kann, braucht er Stimmen von Nichtsozialdemokraten. Dafür kommen in Frage: a) die CDU, b) die PDS.

Zeitungsleute und Kameramenschen suchten die Antwort gestern in der Potsdamer Staatskanzlei. Um 11 Uhr trat Manfred Stolpe persönlich vor die Öffentlichkeit, eine Stunde später informierte Lothar Bisky über die Absichten seiner PDS, um 15 Uhr durfte schließlich die CDU das Brandenburger Regierungszentrum für ihre Pressekonferenz nutzen. Zwischendurch kamen auch noch die Grünen, die FDP und die DVU zu Wort. Nachdem die Medienleute sechs verschiedenen Perspektiven gehört hatten, funkten sie frustriert in die Redaktionen: Alles offen.

Eines aber hatte Manfred Stolpe doch klar gemacht: „Am Ende der Verhandlungen sollte eine Koalition stehen, andere Varianten halte ich in der derzeitigen Situation für ausgeschlossen.“ Diese deutliche Absage an ein Tolerierungsmodell, wie es SPD und PDS im benachbarten Sachsen-Anhalt praktizieren, ist dem Einzug der DVU in den Landtag geschuldet. Auf die Stimmen von rechtsradikalen Abgeordneten will der Ministerpräsident niemals angewiesen sein.

Ab morgen möchte Manfred Stolpe sondieren, mit wem er zuerst über eine Regierungsbeteiligung verhandelt. Der erste Ansprechpartner gilt bei Koalitionsverhandlungen in der Regel als Favorit. In dieser Rolle sah sich gestern schon die CDU. „Jetzt wird nicht lustig opponiert, sondern hart regiert. Das wollen wir“, machte Jörg Schönbohm, CDU-Spitzenkandidat, mit gewohnt markigem Vokabular klar. Schönbohms Auftreten hatte einige Sozialdemokraten bereits am Wahlabend entzürnt. Besonders die Intepretation des General a. D., die SPD-Regierung trage eine erhebliche „Mitschuld“ am Einzug der DVU in den Landtag.

Vielleicht fühlt sich Schönbohms CDU im Rausch über beinahe acht Prozent Zugewinn zu sicher. Einiges spricht dafür, dass die Brandenburger SPD mit der PDS ebenso ernst gemeinte Koalitionsverhandlungen wie mit der CDU führen wird. Via Zeitung bot sich gestern schon Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Harald Ringstorff als Ratgeber an. Er leitet ein Kabinett mit zwei PDS-Minister und fühlt sich wohl dabei: „Ich kann nur sagen, dass das Klima in unserem Kabinett gut ist.“ Bisher hatte Stolpe vor SPD-PDS-Koalitionen stets gewarnt.

Dabei sind die Beziehungen zwischen den überwiegend protestantisch geprägten Funktionären der Brandenburg-SPD und den Kollegen aus der SED-Nachfolgepartei eigentlich eher entspannt. Die populäre Sozialministerin Regine Hildebrand gebraucht ebenso wie Manfred Stolpe gern den DDR-Terminus „unsere Menschen“, wenn sie die Bürger Brandenburgs meint. Mit dem PDS-Bundesvorsitzenden Lothar Bisky träfen die Sozialdemokraten einen moderaten Verhandlungspartner an. Manfred Stolpe erklärte gestern in Potsdam bedeutungsschwanger, er könne sich nur eine Regierung vorstellen, in der „die soziale Gerechtigkeit nicht untergepflügt“ werde. Regine Hildebrand ist die einzige Politikerin, die keinen Hehl aus ihre Präferenz für eine rot-rote Koalition macht. Ihre Geringschätzung für Jörg Schönbohm hat sie im Wahlkampf überdeutlich gemacht.

So eindeutig legt sich Manfred Stolpe schon aus Prinzip nicht fest. Wenn doch, meint er vielleicht trotzdem das genaue Gegenteil. Die neue Koalition solle in jedem Fall „zügig“ gebildet werden, erklärte der Ministerpräsident gestern. Beobachter gehen hingegen davon aus, dass keine Entscheidung vor dem 10. Oktober getroffen wird. An diesem Sonntag wird in Berlin ein neues Parlament gewählt. Rot-Rot in Brandenburg würde der Hauptstadt-CDU zusätzlicheWahlkampfmunition liefern. Robin Alexander, Berlin