Lola rennt auch für 2 Mark 50

■  Mit einem neuen Konzept versuchen drei kleine Kinos, den modernen Filmpalästen die Stirn zu bieten: Sie setzen auf Dumpingpreise und hoffen auf mehr Besucher, zunehmenden Popcorn-Verkauf und höhere Werbeeinnahmen

20.30 Uhr in Marzahn. Eigentlich könnte man mal wieder ins Kino gehen. Kleingeld eingepackt und ab ins „Sojus“ am Helene-Weigel-Platz. Für 2,50 Mark darf man sich hier sogar den Platz aussuchen. Nach nur sieben Minuten Werbung geht es los. „Lola rennt“ für 2,50 Mark auch nicht langsamer als für 17 Mark, auch wenn sie etwas später gestartet ist. Außerdem bleiben noch ein paar Mark für Popcorn übrig. Die Sessel sind genauso weich wie in anderen Kinos, der Sound läuft über eine digitale Anlage. Und wenn der Film die Erwartungen nicht erfüllt – 2,50 Mark sind nicht die Welt.

Das Sojus hat nach monatelanger Schließung in der vergangenen Woche mit einem neuen Konzept wieder eröffnet: Mit einzigartig billigen Preisen will es den neuen, modernen Großkinos die Stirn bieten. Das Kino lief seit der Wende nicht mehr besonders gut, und obwohl das Haus renoviert und mit zwei zusätzlichen Kinosälen bestückt wurde, ging in diesem Jahr gar nichts mehr. Denn seit am Marzahner Bahnhof ein UCI-Palast eröffnete, interessierte die Marzahner das Sojus nicht mehr. Dann aber kaufte die Kino! Kino! Entertainment GmbH der UFA das kleine Kino ab und machte vergangenen Donnerstag mit seinem amerikanischen Dollarhaus-Konzept auf.

„Wir haben mit diesem Konzept rund 84 Prozent Auslastung“, sagt Steffen Wietek von der Kino! Kino! Entertainment GmbH in Hamburg und findet das sensationell. Andere Kinos kämen im Schnitt auf 20 Prozent. „Wenn wir mehr Zuschauer haben, können wir mehr für Kinowerbung vor dem Film verlangen“, erklärt Wietek das Konzept des Low-Price-Cinema. „Außerdem kaufen mehr Leute mehr Popcorn und mehr Cola.“ So einfach sei das. „Wir sind in eine Marktlücke gesprungen – wirbieten Filme zwischen ihrer aktuellen Spielzeit und ihrem Erscheinen im Videoverleih an.“

Die Filme, die im Sojus gezeigt werden, sind im Schnitt vier Monate alt. Das stört die Besucher nicht. Katja Thal ist extra aus Lichtenberg ins Sojus gekommen, um „Lola rennt“ zu sehen: „Ich werde jetzt schon öfter mal ins Kino gehen“, sagt sie. „Allerdings werde ich mir auch nur Filme angucken, die mich wirklich interessieren und nicht alles, auch wenn es nur 2,50 Mark kostet.“

Angestiegen ist auch die Besucherzahl im Arkona in Mitte. Die Kinokarte für 5 Mark anzubieten war „die einzige Chance, die Besucherzahlen zu halten“, sagt Jens Grabner, Theaterleiter im Arkona. „Wir hatten einen schlechten Sommer“, sagt Grabner und führt das auf die Großkinos in der Umgebung zurück: „Das Colosseum ist nur einen Steinwurf entfernt, und jetzt will noch ein Multiplex-Kino in der Brotfabrik eröffnen. Da mussten wir handeln.“ Am ersten Tag kamen doppelt so viele Zuschauer wie vorher, mittlerweile sind es dreimal so viele.

Geht man ins Arkona, kann man durchaus bei den aktuellen Filmhits mitreden. „Die Verleiher überlassen uns noch die aktuellen Filme“, so Grabner. „Die sagen sich, lieber 80 Zuschauer für 5 Mark als nur 30 für den doppelten Eintrittspreis.“ In Zukunft sollen die Filme maximal ein bis zwei Monate später laufen. Dass dieses Konzept erfolgreich ist, das hat auch das Cinema am Walther-Schreiber-Platz in Schöneberg erkannt. Auch hier gibt es neuerdings verbilligte Eintrittspreise. Susanne Klingner