Die Armut wird sichtbar

■  Wegen leerer Kassen spart der MDR jetzt auch am Programm: Man überlegt, die Jugendwelle MDR Sputnik abzuschalten und die Zulieferung ins Erste zurückzufahren

Jetzt ist er tatsächlich zum Sparkommissar geworden. Udo Reiter, Intendant des Mitteldeutschen Rundfunks, wird in Zukunft weniger Geld für seine Programme ausgeben. Und das, obwohl seine Devise doch bisher immer eine andere war: „bei den Strukturkosten so viel wie möglich einzusparen und das Geld ins Programm zu stecken“.

Tatsächlich diskutiert man im MDR derzeit die Abschaltung der MDR-Jugendwelle Sputnik. „Gegebenenfalls könne sogar über die Einstellung dieses Programms nachgedacht werden“, heißt es in einem Ergebnisprotokoll des Haushaltsausschusses des Senders. Der Verwaltungsdirektor und oberster Kassenwart der Leipziger Anstalt, Rolf Markner, bestätigte die Diskussionen um Sputnik. Es könne doch thematisiert werden, ob es betriebswirtschaftlich sinnvoll sei, MDR Sputnik weiter zu betreiben. Die Welle sei neben der Satellitenfrequenz ausschließlich in Halle über eine terrestrische UKW-Stadtfrequenz zu hören, die Reichweite nicht messbar. Deshalb, so Markner, müsse man auch hinterfragen dürfen, ob die Sach- und Personalaufwendungen für Sputnik gerechtfertigt seien oder ob das Programm eingestellt werden könne, meint Markner. Im Protokoll heißt es dann auch: „Der Haushaltsausschuss spricht sich prinzipiell dafür aus, dass auch eine solche Maßnahme mit ins Kalkül gezogen werden muss.“

Die Abschaltdiskussion muss verwundern. Hatte doch erst im vergangenen Jahr das Bundesverwaltungsgericht mit seinem Urteil den Weg für eine flächendeckende UKW-Verbreitung von Sputnik frei gemacht. Die MDR-Länder Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt hatten sich bis dato heftig gezankt, ob Sputnik überhaupt über UKW senden darf. Nach dem richterlichen Spruch wollte sich Reiter für Sputnik-Frequenzen in allen drei Ländern stark machen. Das ist nicht passiert.

Und das ist noch nicht alles. Neben der Sputnik-Pleite hat der MDR-Indendant all seinen Mitarbeitern für das kommende Jahr strikten Sparkurs verordnet: „Einsparungen im Programmetat sind notwendig“, sagt Reiter. Konkret soll der Hörfunk 5 und das Fernsehen 12 Millionen Mark weniger ausgeben dürfen. Außerdem wird das MDR-Logo nicht mehr so oft im Ersten zu sehen sein. Wegen der leeren Kassen wird die Zulieferung für die ARD Gemeinschaftsprogramme zurückgefahren. Bei vielen Redakteuren geht indes das große Bangen los. Schichtsysteme würden so umgestellt, daß freie Mitarbeiter nur noch nachts und am Wochenende zur Arbeit kommen dürften, klagen viele. So spare der Sender bei freien Mitarbeitern Nacht- und Wochenendzuschläge.

Der Intendant hingegen betont, dass der MDR bisher weit über ARD-Durchschnitt die Gelder für Programmausgaben erhöht habe. Das ist so schwer auch nicht. Schließlich musste der nach der Wende gegründete MDR erst einmal Programme aufbauen und Geld in Programm investieren. Bezahlt wurde das zu großen Teilen aus der so genannten Anschubfinanzierung für den ostdeutschen Sender. Diese Gelder sind nun aufgebraucht. Nicht zuletzt der Bau drei neuer Landesfunkhäuser, einer Hörfunk- und einer Fernsehzentrale werden bis zum Jahr 2000 circa 900 Millionen Mark gekostet haben. Dass die Millionenbauten Grund für die Programmeinsparungen sind, bestreitet der MDR aber vehement. Christian Rohde, Leipzig