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: Weiter wie gehabt

Die bremische Landespolitik hat nichts aus dem „Vulkan-Fall“ gelernt, vermutet der Vorsitzende des Bremer Vulkan-Untersuchungsausschusses, der Grüne Hermann Kuhn. Tatsächlich scheinen sich die Vorgehensweisen und Verhaltensmuster, die schon zum Niedergang des größten Arbeitgebers der Region geführt haben, so tief ins Unterbewusstsein der Bremer Verantwortlichen eingegraben zu haben, dass sie gar nicht umhin können, die Fehler einfach zu wiederholen.

Das zeigt sich schon beim Umgang mit dem Abschlussbericht des Ausschusses. Einstimmig waren dort ganz moderate Schlussfolgerungen formuliert worden. So ist seit 20 Jahren dieselbe Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft damit beauftragt, alle Bürgschaftsanträge entgegenzunehmen und zu prüfen. Dieselbe, die den Vulkan bis zuletzt für den Senat begutachtet hat und die gleichzeitig im Auftrag des Vulkan dessen Abschlüsse testierte. Der Bremer Senat sollte einmal den Wirtschaftsprüfer wechseln, hatte der Ausschuss gefordert. Passiert ist nichts.

Ein ähnliches Beispiel bieten die Pläne für das ehemalige Werftgelände in Bremen-Vegesack: Hier haben sich einige Firmen unter Ausnutzung der alten Maschinenstruktur niedergelassen und rund 800 Arbeitsplätze der ursprünglich 3.000 Arbeitsplätze gesichert. Im Mai hat der Bremer Senat jedoch in einer Eilentscheidung 16 Millionen Mark Umsiedlungshilfe spendiert. Und noch einmal an die 30 Millionen, um die alten Hallen, Kräne und Docks platt zu machen. Begründung: Der koreanische Daewoo-Konzern habe Interesse angemeldet, auf dem ehemaligen Werftgelände künftig Autos umzuschlagen und vielleicht sogar seine Europazentrale hierher zu verlegen. Angesichts solcher Perspektiven, so der Senat, dürfe sich Bremen nicht lumpen lassen.

Ironie der Geschichte: Zu diesem Zeitpunkt war die Krise des Daewoo-Konzerns bereits absehbar. Inzwischen hat er die meisten der Firmen, die aus dem Auto-Kai eine Konzernzentrale entstehen lassen könnten, bereits abgestoßen. Vielleicht, so hofft man nun, wird der Auto-Umschlag bald von General Motors übernommen.

Welchen Sinn er aber in Bremen-Vegesack überhaupt ergeben soll, ist den Experten in der Bremer Lagerhaus-Gesellschaft (BLG) jedoch unklar. Bisher werden die rund 10.000 Daewoo-Autos in Bremerhaven vom Schiff geladen, wo die BLG jährlich insgesamt eine Million Autos umschlägt – die kleinere Stadt im Land Bremen hat den größten Auto-Umschlagplatz in Deutschland. Kein Wunder, dass Bremerhavener Lokalpolitiker befürchten, über den Tisch gezogen zu werden, wenn die Bremer nun anfangen, ihnen Teile des Auftragsvolumens abzujagen. Auch konkurrierende Autoverlader schimpfen: Nie würde Daewoo seine Schiffe die Weser flussaufwärts bis nach Vegesack fahren lassen, wenn dort nicht auf Staatskosten ein Abladeplatz gebaut würde.

Vor der Daewoo-Entscheidung des Bremer Senats hatte es übrigens weder eine öffentliche Debatte noch ein Gutachten der Wirtschaftsprüfer gegeben. kw