Pfaff-Pleite trifft die Pfalz

Nähmaschinenfirma sucht sanierungsfreudigen Käufer. 1.600 Arbeitsplätze und 6.000 Betriebsrenten sind gefährdet  ■   Aus Kaiserslautern K.-P. Klingelschmitt

Die traditionelle Schuhindustrie in der Pfalz ist fast schon nur noch Geschichte. Dazu kam nach der Wende der Abzug der amerikanischen und französischen Streitkräfte aus Kaiserslautern, bei dem die Zivilangestellten aus der Region ohne Arbeit zurückblieben. Und jetzt auch noch das drohende „Aus“ für die Pfälzer Näh- und Bügelmaschinenfabrik Pfaff AG, dem – laut IHK – „internationalen Aushängeschild der Region“.

Der Vorstand der 1862 gegründeten Aktiengesellschaft räumte am Montag „Zahlungsunfähigkeit“ ein; das Amtsgericht am Stammsitz der Firma in Kaiserslautern eröffnete das Insolvenzverfahren. Mit rund 200 Millionen Mark soll Pfaff bei in- und ausländischen Banken in der Kreide stehen. Der vom Gericht bestellte Insolvenzverwalter glaubt sogar, einen noch höheren Schuldenberg „gesehen“ zu haben. Dazu kommen Pensionsverpflichtungen in Höhe von 190 Millionen Mark für die rund 6.000 Pfaff-Rentner, die nur zum Teil durch Rückstellungen gesichert sind. Die Pfalz – das Armenhaus der Republik im Westen? Bei Pfaff in Kaiserslautern stehen jetzt 1.350 Arbeitsplätze zur Disposition; im Zweigwerk in Karlsruhe noch einmal 250.

„Ein Schock für die Mitarbeiter und für die gesamte Region“, konstatiert Norbert Werst, Betriebsratsvorsitzender im Werk Kaiserslautern. Für ihn steht fest: „Das Management hat alles verbockt; keine Innovationen – keine Investitionen.“ Nur mit neuen Produkten hätte sich Pfaff am internationalen Markt behaupten können, ist Werst überzeugt, aber: „Die haben nur Leute entlassen; ein Sanierungskonzept gab es nicht.“ Pfaff stand schon einmal vor dem Bankrott. Der (vermeintliche) Retter damals: der US-Nähmaschinenkonzern Singer. Der globale Branchenführer übernahm Pfaff 1993, bekam dann aber – vor allem wegen der Asienkrise – selbst Probleme. Einer der Großaktionäre von Singer, der chinesische Wirtschaftsmagnat James H. Ting, der 80 Prozent der Pfaff-Aktien hält, erklärte deshalb, die klaffenden Liquiditätslücken bei der deutschen Tochter nicht mehr länger stopfen zu wollen. Der Vorstand reagierte; das Insolvenzverfahren wurde in Gang gesetzt.

Aus und vorbei für Pfaff? Noch nicht ganz. Robert Wieschemann (60), der erfahrene Insolvenzverwalter, der schon das Traditionsunternehmen Kaiserslauterer Guss- und Amaturwerk und damit 2.000 Arbeitsplätze vor dem Konkurs gerettet hat, will sich bemühen, einen „sanierungswilligen und -fähigen Käufer“ für Pfaff zu finden. Wieschemann gilt als „harter Hund“. Die deutschen Gläubigerbanken von Pfaff jedenfalls haben auf die Bestellung des Juristen Wieschemann, der dem Aufsichtsrat des 1. FC Kaiserslautern vorsteht, bereits positiv reagiert. Sie wollen ihm bei der Suche nach einem Käufer für Pfaff „voll unterstützen“. Dass bei Pfaff „Substanz“ vorhanden sei, sagt auch Betriebsratsboss Werst: „Das riesige Werksgelände, die Lagerbestände – und unser Know-how.“ Das sieht der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, Ludwig Schneider, genau so. Die Marktchancen für Haushalts- und Industrienähmaschinen seien in Europa und auch in Lateinamerika „so schlecht nicht“ für einUnternehmen mit der Tradition von Pfaff – wenn es wieder saniert ist. Dass diese Sanierung Arbeitsplätze kosten wird, falls sich überhaupt ein Käufer findet, wissen alle Beteiligten. Ziel des Insolvenzverfahrens müsse es deshalb auch sein, „so viele Arbeitsplätze wie nur möglich“ zu erhalten, so der Appell der IG Metall an Wieschemann und die Banken. Bei der Wieschemannschen Sanierung des Guss- und Amaturenwerkes blieben 150 Beschäftigte auf der Strecke, die er zur Unterschrift unter Abfindungsverträge gedrängt haben soll, um den Weg für eine Übernahme frei zu bekommen.

Andererseits wurde der 1. FC Kaiserslautern mit ihm 1998 deutscher Meister. Ein gutes Omen? Vielleicht. Aber der 1. FCK ist heute auch schon (wieder) auf einem Abstiegsplatz; und Streit herrscht überall.