Zwei zu drei

■  Der „1. FC Bundestag“ unterliegt dem Großkapital des „Stern von Deutschland“

Sie sind okay! Sie sind nett und sagen du zueinander! Sie haben kurze Hosen an und würden sich im Allgemeinen nie ehrabschneiderisch beschimpfen! Manche haben lebensherbstliche Bärte oder gemächliche Bäuche, andere sind erst 23, den Kopf voller wilder Ideen. Nachts träumen sie von spektakulären Seitfallrückziehern.

Die Betriebsfußballabteilung des Bundestages ist auch nicht anders als die Betriebsfußballabteilungen anderer Unternehmungen, nur vielleicht dass sie mit dem VIP-Bus anreist und ein paar Polizisten am Spielfeldrande unauffällig dafür sorgen, dass niemand den Abgeordneten ein Leid zufügt. Seit 33 Jahren spielt der 1. FC B in den Trikots des DFB. Mehr als 20 Spiele im Jahr absolviert das von Klaus Riegert, dem sportpolitischen Sprecher der CDU/CSU, angeführte Team, das am Dienstag Abend im Prenzlauer Berg sein erstes Spiel auf Berliner Boden gegen den „SG Stern Deutschland“, die Betriebssportgemeinschaft von Daimler-Chrysler, bestritt.

Etwa 100 Journalisten waren gekommen, um sich das von Sportreporter Jochen Sprentzel halb ironisch kommentierte Match anzuschauen bzw. vor allem die Politiker zu fragen, wie's beim Betriebsfußball so wäre, um dann was von linken SPDlern schreiben zu können, die am besten rechtsaußen zur Geltung kommen würden und so. Beim Bundestagsfußball ginge es nicht nur um Sport und Spaß, erklärt Dr. Axel Berg (SPD) und erläutert, dass Abgeordnete auch nur Menschen seien. Der 1. FC Bundestag „dient der Funktionsfähigkeit des Parlaments. Man greift sich nicht mehr so an, wenn man zusammen unter der Dusche gestanden hat. Und alle sind sehr nett zueinander.“ Dass weder Grüne noch PDSler dabei sind, sei wohl auf mangelndes sportliches Vermögen zurückzuführen, mutmaßte der sympathische Volksvertreter, und „Promis“ wären nicht dabei, weil grad ja auch Fraktionssitzung sei, „und da können die Oberindianer nicht fehlen“. Ansonsten „reisen die Oberindianer ja auch ständig durch die Welt“ und fehlen dann. Das Wort „Oberindianer“ gefällt dem SPD-Abgeordneten in der abendlichen Sonne, in der zwei Daimler-Chryslerer sitzen und noch schnell ein paar Zigaretten rauchen.

Dr. Friedberg Pflüger, CDU, Vorsitzender im Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union, vergibt während dessen eine prima Kopfballchance. Darüber wird morgen in einer Aktuellen Stunde noch zu reden sein. Dirk Manzewski, der findige Sozialdemokrat, sorgt vor allem in der Anfangsphase für Druck. Das 0:1 egalisiert Klaus Riegert, der christdemokratische Kapitän. Zwischendurch erzittert die bundestägliche Latte. Das 1:2 fällt in eine volksvertreterische Drangperiode. Die Daimlers sind ein bisschen schneller; der Bundestag hält mit gutem Stellungsspiel dagegen. Aus einem halben Meter Entfernung drückt Dr. Ralf Brauksiepe (CDU) das Leder ins Netz: 2:2.

Dann stolpert ein Daimler-Benzer über den Ball. Er wälzt sich schmerzverzerrt und wird verbunden. / Schwarz ist die Welt in seinem Kopf verschwunden. / Ein Krankenwagen nahm ihn mit sich mit.

Ein Reserveabgeordneter sagt, ihm sei so was auch schon mal beim Joggen passiert. „Ich bin in ein Hasenloch gefallen in Bonn. Dann war der Knöchel weg. Dann gleich: ab in die Klinik.“ Männer eben. Lustig guckt Herr Dr. Ruck (CDU). Nach dem 2:3 durch Daimler lacht er nicht mehr.

„Vorbei Daneben Aus und Ende. Schluss. / (...) Dann gehen wir und steigen in den Bus.“ (Ror Wolf) Detlef Kuhlbrodt