Herrliche Riesenbärenmeldung!

■ Vergessen Sie die Heringe und ihre albernen Probleme. Hier kommt endlich wieder eine

Sofia – Ein wunderbarer Tag für uns und alle Freunde der Bärenmeldungen: Nachdem die letzten Nachrichten vorwiegend aus Japan stammten, freuen wir uns, heute eine bulgarische Bärenmeldung präsentieren zu dürfen:

Manch ein Bulgare wäre lieber ein Bär oder vielleicht sogar ein streunender Hund. Der Grund: Viele in dem verarmten osteuropäischen Land sind der Ansicht, dass Tieren mittlerweile mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird als ihnen selbst.

Mit der Bitte um die offizielle Anerkennung als Bär hat sich nun sogar eine Frau an Präsident Petar Stojanow gewandt. Und gleich auch noch eine Internet-Adresse (http://www.people.bulgaria.com/bear) aufgemacht, damit sich ähnlich denkende Landsleute anschließen können.

Den Anlass dafür lieferte ein Regierungsbeschluss von vergangener Woche. Am Donnerstag gab das Kabinett in Sofia grünes Licht für den Bau eines Tunnels allein für Bären. Die Kosten dafür betragen umgerechnet mindestens neun Millionen Mark. „Als bulgarische Bürgerin habe ich spontan den Wunsch empfunden, ein Braunbär zu werden, damit die Behörden für mich ebenso sorgen“, schrieb die Frau an ihren Präsidenten. Und bestimmt werde diese „Verbärung“ auch bei den „europäischen und amerikanischen Institutionen“ auf Zustimmung treffen, spottete die Dame. Den Brief stellte sie dann auch gleich ins Internet, ohne aber ihren Namen zu verraten.

Mit ihrem Zorn über die fürsorgliche Behandlung der Bären steht die Frau nicht allein. Wegen des teuren Tunnelprojekts im Rhodope-Gebirge an der Grenze zu Griechenland hat sich die Regierung einige Kritik gefallen lassen müssen. Das 500 Meter lange Bauwerk soll dafür sorgen, dass zwei Bärenfamilien von insgesamt fünfzehn Tieren ungehindert zusammenleben können. Ursprünglich hatte in der Bergregion eine Straße gebaut werden sollen. Nach Protesten von Tierschützern, die fürchteten, dass der Autoverkehr die Bären verängstigen könnte, wurde darauf verzichtet. Mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union wird nun der Tunnel gebohrt. Bei einem durchschnittlichen Monatsverdienst von 300 Lewa – etwa ebenso viel Mark – und einer Rente von umgerechnet höchstens 100 Mark sind darüber viele Bulgaren empört.

Wie sich auch die Hauptstädter über das vermeintlich viele Geld ärgern, das Sofia in diesem Jahr für streunende Hunde ausgeben will. Für Bulgarien stellen die herrenlosen Tiere, die zu Zehntausenden durchs Land streunen, eine wahre Plage dar. Sie verbreiten Krankheiten und beißen immer wieder Passanten. Doch jeder Versuch, ihre Zahl drastisch zu verringern, stößt seit zehn Jahren auf den Widerstand der Tierschützer. In diesem Jahr jedoch hat die Stadtverwaltung von Sofia umgerechnet 1,1 Millionen Mark für den Bau von Tierheimen bereitgestellt, in denen die Hunde kastriert und von Ungeziefer befreit werden. Für viele Bulgaren ist dies ein typischer Fall von übertriebener Tierliebe, die aus dem Westen importiert wurde.

Mit bösem Spott machte sich die bulgarische Presse im letzten Monat auch über Frankreichs ehemaliges Sexsymbol Brigitte Bardot her, die heute vor allem als militante Tierschützerin Schlagzeilen macht und in einem Brief an Stojanow gegen die „Ausbeutung von Tanzbären durch Zigeuner“ protestierte. Daraufhin berichtete ein Wochenblatt in großer Aufmachung über den Bärendompteur Metodi, der eine Bärin namens Cinderella durch Sofia tanzen lässt. „Ich misshandle Cinderella nicht. Sie lebt bei mir wie eine Prinzessin“, behauptete der Rom. „Die ausländischen Touristen zahlen ein Vermögen, um sich mit ihr fotografieren zu lassen. Für meine Familie ist sie eine Goldmine.“

Ein Bär war auch der diesjährige Sommerstar in Primorsko am Schwarzen Meer. Tagsüber tanzte er am Strand, abends wurden in Restaurants Ringkämpfe zwischen Mensch und Bär veranstaltet. Nach Angaben des Umweltminsteriums gibt es im ganzen Land 16 solcher Tanzbären. Ausländische Tierschützer gehen von erheblich mehr Bären aus, die für solche Zwecke abgerichtet sind. Ein britischer Tierschutzbund hat vorgeschlagen, alle bulgarischen Tanzbären zu ihrem eigenen Schutz in einem Heim einzuquartieren. Die Aufregung, falls tatsächlich ein solches Haus mit Staatsgeld gebaut wird, lässt sich erahnen. Vessela Sergueva, AFP

P.S. Wie um uns für den gestrigen Bärenmangel zu entschädigen, erreicht uns soeben folgende Mitteilung der dpa-Bärenkorrespondentin Claudia Steiner: Rund 34.000 Hektar in den westlichen Küre-Bergen in der Türkei sollen noch in diesem Jahr zum Nationalpark erklärt werden. Naturschützer und die türkische Regierung haben sich nach monatelangen Verhandlungen auf die Rahmenbedingungen für den 33. türkischen „Milli Park“ geeinigt. „Dieses Gebiet ist wirklich schützenswert“, sagte der türkische Forstminister Nami Cagan kürzlich bei einem Besuch in dem kleinen Dorf Ilica in den Bergen.

Nach Angaben der türkischen Naturschutzorganisation DHKD sind die Küre-Berge mit ihren zahlreichen Flüssen, Wasserfällen und Schluchten das größte noch intakte Waldgebiet der Schwarzmeer-Region. „Dieses Gebiet ist in den vergangenen Jahren in der Türkei und im Ausland völlig in Vergessenheit geraten“, sagt Sedat Kalem vom DHKD-Waldprogramm.

In den bisher wenig erforschten Küre-Bergen gibt es nach Angaben von Wissenschaftlern unter anderem Wölfe, Füchse, Otter, Wildkatzen, Wildschweine, Hirsche, Habichte, Turmfalken und – Braunbären! „Wir vermuten, dass hier noch mindestens 50 Braunbären leben“, sagt ein Mitarbeiter der Forstverwaltung.