Der Traum vom Traum auf Stelzen

■ Transrapid: Ein Kritiker fragt, und die Magnetbahn-Fans antworten nicht Von Heike Haarhoff

Der Zug für den Transrapid ist längst abgefahren: Den Beweis trat der Hamburger SPD-Landesvorsitzende Jörg Kuhbier am Donnerstag abend bei einer Podiumsdiskussion zum umstrittenen Magnetgleiter in der Handelskammer an. Ökologisch, ökonomisch und technisch, belegte Höchstgeschwindigkeitsredner Kuhbier mittels Stellungnahmen des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW), des wissenschaftlichen Beirats des Bundesverkehrsministeriums und selbst der Bundesregierung, ist die Magnetschnellbahn höchst fragwürdig.

Doch die Mitstreiter Horst Fechner, technischer Geschäftsführer der Magnetschnellbahn-Planungsgesellschaft (MPG), und der Vize-Präsident der Handelskammer Hamburg, Hellmut Kruse, waren ebenso widerlegungsunfähig wie uneinsichtig. Dabei basierte Kuhbiers Argumentation lediglich auf Fakten, die in MPG-Unterlagen nachzulesen sind: Der Transrapid ist mit 93 Dezibel „systembedingter Lärmemission“ doppelt so laut wie ein herkömmlicher ICE und verbraucht zweimal soviel Energie.

Doch MPG-Geschäftsführer Fechner findet solche „Tieffluglärm-Emissionen“ völlig irrelevant: „Wir halten das 16. Bundesimmissionsschutzgesetz ein“, glaubt er, Umweltbelastungen mit Grenzwerten wegdiskutieren zu können. Außerdem, so sein Ein-Mann-Fan-Club Kruse, sei die Zeitersparnis ein Faktor, mit dem der Transrapid alle anderen spurengeführten Transportmittel in den Schatten stelle.

Das stimmt nicht: Denn die 60 Minuten, in denen fiktive 14 Millionen Passagiere von Hamburg nach Berlin schweben sollen, sind nur die Brutto-Fahrzeit: Völlig unklar ist, um wieviele Viertelstunden sie sich erhöhen wird durch zusätzliche „periphere Haltepunkte“ in Reinbek, Moorfleet, Geesthacht, Schwerin oder vor der Berliner Innenstadt. „Dazu gibt es immer noch keine konkreten Angaben, wie soll man da vernünftig planen können?“, wettert Kuhbier.

Bewußt ausgeblendet hätten die Transrapid-Planer die An- und Abfahrtszeiten: „Berlin ist so groß wie das Ruhrgebiet, und nicht alle, die in Hamburg zusteigen, wohnen direkt am Hauptbahnhof“. Im übrigen schade der Transrapid nur der Bahn, „weil es sich hier um vergleichbare Systeme handelt.“ Anstatt sich weiter auf die hinterwäldlerische Technologie zu versteifen – es gibt weltweit keine Nachfrage –, sei es sinnvoller, bereits bestehende ICE-Strecken auszubauen.

Für 800 Millionen Mark Ausbaukosten lasse sich Berlin in nur 82 Minuten erreichen, rechnete Kuhbier vor. „Die ICE-Strecken sind überlastet und nicht gleichzeitig für Personen- und Güterverkehr nutzbar“, entgegnete Kruse. Ebenso ignorierte er das Argument, daß die veranschlagten Investitionssummen mit 8,9 Milliarden Mark weder Kosten für Infrastruktur noch Preissteigerungsraten berücksichtigen. Die Prognose von 14 Millionen Fahrgästen jährlich hält Kuhbier für „völlig utopisch“: „Da wird von einer zehnfachen Steigerungsrate ausgegangen, obwohl sich beim französischen TGV die Fahrgastzahl nur verdreifacht hat.“ Auf die Frage nach den Parkplätzen für die zureisenden Scharen fiel Fechner nur ein, daß „bestehende Ortschaften nicht zerstört werden“.

Daß der Transrapid aufgrund baulicher Mängel wahrscheinlich gar nicht gebaut werden kann – auf der Teststrecke im Emsland brechen die Schrauben weg, und die Beton-Trägerelemente bröckeln (taz berichtete) –, bestritt Fechner heftigst und setzte seinen Traum auf Stelzen fort.