Versuchskaninchen

■ Ein bissiges Debut von Benjamin Ross: Das Handbuch des jungen Giftmischers

Grahams Lieblingsort ist die Apotheke. Dort beschafft er sich bunte Pulver und Tropfen, aus denen er das perfekte Gift mischen will. Die Wirkung seiner Mixturen probiert er an seiner Familie aus. Er dokumentiert akribisch den Krankheitsverlauf, erkundigt sich mitfühlend nach Schmerzen und entschließt sich schließlich, die Versuchskandidaten umzubringen.

Benjamin Ross ist mit Das Handbuch des jungen Giftmischers ein beeindruckendes Debut gelungen. Schonungslos zeichnet er anhand Grahams authentischer Geschichte eine scharfe Karikatur der britischen Gesellschaft. Fast schmerzlich überzeugend spielt Hugh 0'Conor den introvertierten, mal gefährlichen, mal kindlichen Charakter Grahams. Jede Hoffnung auf eine gute Wendung des Schicksals für den manischen Giftmixer wird durch winzige Signale der Kameraführung zunichte gemacht. So schimmert das blasse Jungengesicht blutleer und einsam aus der düsteren Kulisse. Mitleidlos fällt das Licht auf das fahle, glatzköpfige Gesicht der sterbenden Stiefmutter.

Das Drehbuch von Benjamin Ross und Jeff Rawle wartet mit einer ganzen Reihe vergifteter, entstellter und kotzender Personen auf. Niemals aber ist der Film einfach nur erschreckend oder traurig, immer funkt in die Dialoge und vor allem in die Musik eine große Portion bissiger, schwarzer Humor hinein. Als Graham seine Träume notieren soll, träumt er nichts. Also weckt er monatelang seinen Bettnachbarn, der mit symbolträchtigen Alpträumen aushilft, bis dieser sich übermüdet und ausgelaugt aufhängt. Franziska Becker