Neue Heimat für „junge“ Hungerkünstler gesucht

■ Das Junge Theater macht im Februar an der Friesenstraße zu und – irgendwo irgendwann wieder auf

Nach der Feier zum siebten Geburtstag am 5. Februar 2000 macht das Junge Theater an der Friesenstraße zu. Das steht seit gestern fest, ist definitiv und endgültig. Denn diesmal verbirgt sich keine „Wenn wir nicht ..., dann schließen wir“-Drohung dahinter, sondern so etwas wie eine erste Entscheidung der neuen Kulturbüro-Leiterin Margrit Hohlfeld. So gut wie fest steht demnach auch: Irgendwann im Spätsommer oder Herbst 2000 macht das Junge Theater irgendwo in der Stadt wieder auf. Denn zusammen mit dem Friesenstraßen-Ensemble soll auch der übrigen (oder verbliebenen) freien Bremer Theaterszene eine Spielstätte beschert und vor allem die Dauerkrise des Jungen Theaters beendet werden. Im Gespräch sind laut einem Gutachten der Kulturbehörde mehrere Häuser. Darunter das vom Bremer Theater genutzte Concordia, das Postamt 5, das Polizeihaus, eine weitere Immobilie an der Friesenstraße oder mittelfristig der zurzeit von der Shakespeare Company genutzte Saal am Leibnizplatz, weil sich das Ensemble um Norbert Kentrup nach Jahren des Provisoriums räumlich verbessern will. Beste Chancen, ein Theater zu werden, dürfte aber dem Vernehmen nach die Schwankhalle am Buntentorsteinweg 112 haben.

„Ich wollte nicht herkommen und als erstes ein Theater beerdigen – vor allem kein so schickes“, sagte Margrit Hohlfeld gestern vor JournalistInnen. Die Arbeit der „HungerkünstlerInnen“ aus dem Steintor hat nicht nur bei ihr Gefallen gefunden. Doch das Problem der Spielstätte: Neben den Säulen im Saal, die, wie Hohlfeld erkannt hat, Tanztheateraufführungen unmöglich machen, sind die Kosten ziemlich hoch. Wie im Waller Medienzentrum auch geht fast die Hälfte der öffentlichen Zuschüsse an das Junge Theater in Höhe von rund 200.000 Mark für Miete drauf. Weil Hohlfeld dem Theater nicht einfach mehr Geld geben kann (oder will) und deshalb auch das Wort „Synergieeffekte“ im Munde führt, soll eine neue Heimat für das Ensemble her. Nicht alle, aber viele im Jungen Theater würden einen Umzug aus dem „Viertel“ in die Neustadt mitmachen, wenn damit die Existenz des in der Summe noch immer innovativsten freien Bremer Theaters endlich gesichert wäre. In vier bis sechs Wochen, kündigte Hohlfeld an, ist ihr Konzept fertig.

Bis zur Geburtstags- und Schließungsparty bietet das Junge Theater noch fünf Monate prall gefülltes Programm an. Zwei Eigenproduktionen („Familiengeschichten. Belgrad“ von Biljana Srbljanovic und das Kultstück „Shoppen & Ficken“ von Mark Ravenhill) sind darunter. Neben der Blue Moon Bar montags gibt es ab dem 14. September jetzt auch dienstags um 20 Uhr einen festen Programmpunkt: In Zusammenarbeit mit dem Jungen Theater will das personell verjüngte Literaturkontor für „Zeichen und Wunder“ sorgen. Dazu Veranstalter Tim Schomacker selbstbewusst: „Alle Literaturveranstaltungen von Meister Propper bis Stint in der Stadtwaage sind eingefahren.“

Ein Mix aus Lesungen, Konzerten und Performance soll frischen Wind in die Szene bringen. Promi-Highlight der Reihe: Am 16. Oktober liest der „Literaten-Wüstling“ Bret Easton Ellis („American Psycho“) – allerdings nicht im Jungen Theater, sondern im Haus im Park auf dem Gelände des Zentralkrankenhauses Bremen-Ost.

Die Leute vom Krankenhaus setzen die Zusammenarbeit mit dem Jungen Theater und die irgendwo zwischen Wissenschaft und Kunst schwebende Reihe „Rausch Sucht Lust“ fort. Neben Ellis weiterer Promi dieser Reihe: Der in dieser Hinsicht beschlagene Konstantin Wecker, der im Haus im Park ein Club-Konzert (5. Dezember) gibt und auch an einer Podiumsdiskussion teilnehmen will.

Christoph Köster

P.S.: Der Förderverein des Jungen Theaters will eine CD mit den größten Erfolgen aus der Geschichte des Hauses herausbringen. Wer für die Produktionskosten Geld übrig hat, möge die Nummer Tel.: 700 141 wählen