Vorn im Kampf gegen den Brustkrebs

■ Bremen wird Modellstadt: Großflächige Reihenuntersuchung soll Durchbruch im Kampf gegen immer mehr Brustkrebs-Opfer bringen / Mamma-Zentrum im ZKH Sankt Jürgens-Straße

Bremen wird Modellstadt in Sachen Brustkrebs. Für manche Bremerin könnte das viel bedeuten, denn: Je früher die Wucherung erkannt wird, desto besser die Heilungschancen.

Im Rahmen eines jetzt beschlossenen dreijährigen Modellversuchs, der im kommenden Frühsommer anläuft, werden rund 70.000 Bremerinnen über 50 Jahre an einer in der Bundesrepublik bislang einmaligen Brustkrebs-Früherkennung teilnehmen können. Vorbilder sind andere europäische Länder und die USA, Kanada und Neuseeland. Dort gilt Deutschland – was die Brustkrebsvorsorge angeht – als Entwicklungsland. Denn erstens nehmen hier bislang viel zu wenige Frauen an der Vorsorge teil, zweitens wird der gefährliche Knoten per Tastuntersuchung meist viel zu spät erkannt und drittens werden sogar per Mammografie erstellte Röntgenbilder häufig falsch gedeutet. Dabei wird Brustkrebs immer häufiger.

In der Bundesrepublik werden in diesem Jahr 43.000 Neuerkrankungen und 15.000 Todesfälle erwartet. GesundheitsexpertInnen beobachten dabei, dass insbesondere jüngere Frauen immer häufiger an Brustkrebs erkranken. Allerdings ist just diese Gruppe vom Bremer Modellversuch ausgeschlossen; die Reihenuntersuchung durch Mammografie würde bei ihnen aufgrund des festeren Brustgewebes wenig Erfolg bringen, heißt es. Auch wüchsen die zunehmend agressiven Tumoren oft zu schnell für die einmal im Jahr vorgesehene Reihenuntersuchung. Angesprochen sind vielmehr gesunde Frauen über 50, die Gesundheitssenatorin Hilde Adolf explizit vom Sinn einer solchen Untersuchung überzeugen will – „ohne Angst zu machen“.

Bei Frauen nach der Menopause hofft man, per verbesserter systematischer Mammografie und einer Bewertung der Untersuchungsbilder durch zwei unabhängige Fachleute auch kleinste Tumoren im Frühstadium entdecken und operieren zu können. Eine wichtige Rolle spielt hier die digitale Mammografie, die unter der Federführung des bundesweit renommierten Bremer Centrums für Medizinische Diagnosesysteme und Visualisierung (MeVis) unter der Leitung von Prof. Heinz-Otto Peitgen eingesetzt wird. Die zentrale Organisation wird in einem neu einzurichtenden Mamma-Zentrum im ZKH St. Jürgens-Straße stattfinden, an dem sich auch niedergelassene Ärzte, die eine Konkurrenz durch das Screening befürchten, in einer GmbH beteiligen wollen. Projektbegleitend wird das Bremer Institut für Präventionsforschung (BIPS) die erhobenen Daten auswerten; Prof. Annelie Keil wird an der Bremer Universität die psychologischen Folgen der Diagnostik erforschen.

Das Bremer Modell, das vom Zentralinstitut für kassenärztliche Versorgung unter 15 Mitbewerbern favorisiert wurde – zwei weitere sollen folgen – könnte in wenigen Jahren das Vorläufermodell einer nationalen Reihenuntersuchung werden, wie es sie in Deutschland noch nie gab. Für den Versuch haben die Bremer Krankenkassen – mit der Unterstüzung ihrer Bundesvereinigungen – rund sieben Millionen Mark an Ausgaben veranschlagt; die Gesundheitsbehörde will sich zu eigenen Ausgaben bislang nicht äußern. Am Ende des Modellversuchs, 2004, werden die Experten auch wissen, ob sich die Vorsorge an vielen Frauen im Verhältnis zu teuren Behandlungen an wenigen Kranken rentiert. ede

Interview Seite 24