Staudamm-Projekt

Bis zum Jahre 2009 wollen die Chinesen die Idee des Republikgründers Sun Yat-sen von 1920 verwirklicht haben. Dann wird der gestaute Fluss bis zu 175 Meter angestiegen sein, 1.711 Dörfer, 116 Ortschaften, 34,8 Millionen Quadratmeter bewohnte Fläche und 1.599 Fabriken werden in den Fluten versinken. 1,2 Millionen Menschen müssen (offiziell) umgesiedelt werden.

Die neue Staumauer von 2.300 Metern Breite und 185 Metern Höhe soll den drittlängsten Fluss der Erde aufhalten. Westlich der Mauer läge dann ein Staubecken von 650 Kilometer Länge und 1,1 Kilometer Breite. „Wenn der Drei-Schluchten-Staudamm fertig ist, wird er alle anderen Dämme der Welt übertreffen“, brüstete sich die linientreue Zeitung China Daily. Am 8. November 1997 wurde der Jangtse an der Baustelle in einen künstlichen Seitenarm umgeleitet. Im Oktober 97 besuchten die kalifornischen Ingenieure Amy Luers und Leonard Sklar auf Einladung der Three Georges Development Corporation die Dammbaustelle. Die felsige Seitenflanke sei instabil, schrieben die beiden in ihrem Bericht. Steinschlag und Sicherheitsprobleme für die Schifffahrt seien zu befürchten. Der in den Trockenmonaten geplante Bau eines Fangdammes sei hochgradig unkonventionell und dermaßen zeitlich knapp bemessen, dass im schlimmsten Fall der Damm brechen und das Wasser die Wohngebiete von Millionen von Menschen überschwemmen könne. Erdbebengefahren seien überhaupt nicht berücksichtigt worden, kritisieren Luers und Sklar. Sie resümieren „eine überraschend hochmütige Haltung gegenüber Risiken“.

Kritische Stimmen werden jedoch von der Regierung in Peking überhört. Die deutsche Umweltorganisation „Weed“ zitiert in ihrem Arbeitspapier zum Drei-Schluchten-Projekt aus einem vertraulichen Dokument der Behörde für öffentliche Sicherheit der Präfektur Wanxian, 1993: „Die Medien (...) sollten den Leuten eine warme Liebe für das Projekt und einen Enthusiasmus für dessen Bau einflößen, um so die psychologische Kraft der Umgesiedelten zu stärken. – Die öffentlichen Sicherheitsorgane müssen (...) insbesondere das Prinzip von Schnelligkeit und Strenge resolut hochhalten, indem sie Verbrechern , die den Bau sabotieren, rasche Schläge erteilen.“

Auf 75 Milliarden Dollar werden die Gesamtkosten des Drei-Schluchten-Projekts derzeit offiziell geschätzt. Mehrere deutsche Firmen, darunter die Siemens AG, Voith-Hydro sowie Liebherr bewarben sich laut „Weed“ um die Lieferung von Generatoren und Turbinen bzw. Kränen. Sie bekamen Hermes-Bürgschaften in Höhe von 1,3 Milliarden Mark zugesagt. Mit Hermes-Bürgschaften bietet die Bundesregierung privaten Firmen die Übernahme wirtschaftlicher und politischer Risiken für Exporte an. „Weed“ fordert zusammen mit 57 anderen Organisationen die Rücknahme der Bürgschaften für das Projekt. mu/sip