Minister macht sich wenig Freunde

■  Äußerungen von Werner Müller zum Atomausstieg als „Privatmeinung“ bezeichnet. Energie-Einspeisegesetz soll zum Schutz von Ökostrom geändert werden

Berlin/Mainz (taz/dpa) – „Bis 2002 kriegen wir wohl kein Atomkraftwerk abgeschaltet, nein.“ So die Worte von Bundeswirtschaftsminister Werner Müller gestern in der taz. Die Reaktionen des Ministerkollegen Trittin und aus den Reihen der Bündnisgrünen waren nicht gerade begeistert.

„Das ist die Privatmeinung des Bundesministers Müller. Ich teile sie nicht“, so gestern Umweltminister Jürgen Trittin. Er gehörte wohl zu den „Politikern mit sehr ehrgeizigen Ambitionen“, denen Müller in dem Interview vorwarf, solche Forderungen zum Atomausstieg in die Welt gesetzt zu haben.

Antje Radcke, Vorstandssprecherin der Bündnisgrünen, nannte gestern die Position von Müller „nicht akzeptabel“. Sie entspräche nicht der Position der Bundesregierung und „hat auch keine Chance, Politik dieser Regierung zu werden“, meinte Radcke.

Knapp drei Wochen vor der angestrebten Konfliktlösung bei den kommenden Konsensgesprächen mit den Stromkonzernen ist sich die Bundesregierung jedenfalls alles andere als einig über den Zeitpunkt eines rechtlich unanfechtbaren Atomausstiegs. Der Sprecher des Umweltministeriums bestätigte indessen: Experten des Ressorts hätten es kürzlich als rechtlich machbar eingestuft, sechs von 19 Atommeilern bereits bis 2002 vom Netz zu nehmen. Das Justizressort verweigerte Auskunft darüber, ob es unter dessen Regie inzwischen ein Gutachten gibt, das dem Umweltministerium in dieser Frage widerspricht.

Die Grünen sprechen inzwischen von mindestens zwei Kernkraftwerken, die vor der nächsten Bundestagswahl vom Netz müssen. Nach einem vertraulichen Arbeitspapier des Umweltministeriums kann die Betriebszeit aller 19 Meiler auf 25 Jahre verkürzt werden. Der Wirtschaftsminister wiederum verwies im taz-Interview lapidar auf den Auftrag gemäß Koalitionsvereinbarung, eine entschädigungsfreie Regelung zu finden.

In der ZDF-Sendung „planet e.“ sagte Werner Müller gestern, dass er das Energieeinspeisungsgesetz ändern will – und zwar, um die Stromerzeugung aus regenerativen Energien vor einem ruinösen Preiswettbewerb zu schützen. Das Gesetz koppelt die Vergütung für Strom aus Windkraft und anderen erneuerbaren Quellen an den Marktpreis für Elektrizität. Fällt der Strompreis, sinkt demnach auch die Vergütung für Ökostrom. „Wir werden das Einspeisegesetz novellieren“, sagte der parteilose Minister. Die Vorlage sei für Anfang 2000 geplant. „Wer im Vertrauen auf eine gewisse Einspeisevergütung investiert hat, muss geschützt werden“, so die Begründung von Müller. rem