Stippvisite im Southpark

■ Eine Party, die um halb Eins zu Ende ist, obwohl noch gefeiert wird – Grund genug für eine kurze kulturpessimistische Betrachtung

Ich bin nicht sicher, ob ich wirklich weit ausholen muss. – Also: Am Freitag war Southpark-Party. Irgendwo stand, sie beginne um 23 Uhr, was mir noch Zeit ließ, bei Hubert Selby jr. vorbeizuschauen und danach noch ein paar Takte der tollen „Mörser“ zu hören. Doch die Southpark-Party war um halb Eins schon vorbei und sie spielten Pat Benatar im Modernes. Komische Nicht-mehr-Party, zumal sich die Leute immer noch hervorragend zu amüsieren schienen.

Zu spät gekommen. Aber was soll's. Southpark ist mittlerweile eh kommerziell und damit uninteressant geworden. Sie haben vielleicht von Southpark schon gehört. Es handelt sich dabei um eine jener berüchtigten „Kult“-Serien aus Amerika. Nun kommen ja Kult-Serien aus Amerika aus verständlichen Gründen immer auch nach Deutschland. Kostet erstens nicht mehr viel, und wie es Leute gibt, die es für chic halten, Kaffee aus Italien, Zigaretten aus Frankreich oder derbes Schuhwerk aus England zu beziehen, sind eben eine Menge Menschen auf Kult-Serien aus Amerika abonniert. Was „Kult“ ist, sei schnell erklärt. „Verehrung; Form der Religionsausübung; auch für übertriebene Verehrung“, steht im Duden. Die pure Unvernunft also. Die nachzuvollziehen ist nicht leicht und seitens der Unvernünftigen auch nicht erwünscht, beraubte sie dies doch des speziellen Schwachsinns der Exklusivität via ganz eigener Spinnerei.

Southpark handelt von Fäkalien und Erbrochenem und verfemten Sexualpraktiken (mit Tieren und so...), ruft also in den entsprechenden Kreisen moralische Entrüstung hervor und ist schon deshalb eine Sache, die verehrungswürdig ist. Dass Southpark ganz lustig ist, in seiner Konsequenz und seiner „derben Umkehrung von (Reinlichkeits-) Normen“ (M. Hermes), wird dabei sekundär.

Southpark also ... Seit Monaten erzählen Amerika-Touristen davon. „So krank, Mann. Total Kult!“ Das schlichte Gemüt freut sich also, dass Southpark nun ins Deutsche Fernsehen kommt. Aber da regt sich bereits Skepsis. Wird es möglich sein, diesen ganz speziellen Humor, den bislang nicht jede/r kosten durften, ins Deutsche zu übertragen? Die Frage impliziert die Antwort.

Kennen wir alles schon von Tarantino-Filmen. „'Pulp Fiction' gesehen.“ „Im Original?“ „Nee, in der Synchronisation.“ Abwinken. Mitleid. Abwenden. Verlorene Seelen.

Also schauen wir uns eben die Originale an, die deutsche Fassung höchstens heimlich unter der Bettdecke. Nun also auch noch die Party zur Serie, wo uns Previews von neuen Original-Folgen versprochen werden, und ein Making Of-Film zum Southpark-Spielfilm und das komplette Merchandising-Programm.

Hier müsste eigentlich der zweite Akt der Abgrenzung ansetzen. Es handelt sich um neue Folgen. Wo nun jeder und jede Southpark schaut, ist es Zeit, die neuen Folgen, die in Amerika schon laufen oder im Internet stehen, dort schon gesehen und für schlechter als die ersten Folgen befunden zu haben. Folgender Dialog gerät auf die Tagesordnung:

„Hast du gestern Southpark gesehen?“ „Nee, seh ich nicht mehr. Die alten Folgen waren ja gut, aber danach ...“ Deswegen sag ich zu meinem Mitbewohner auch immer, wenn er von Chris de Burgh redet, „Ja, die alten Platten ...“, winke ab und lege John Coltrane auf, bis alle aus meinem Zimmer verschwunden sind. Achtung: Auch wenn der Spruch mit „den alten Sachen“ fast immer zieht: Versuch das NIE bei Coltrane. Wenn da mal einer dabei sitzt, der sich auskennt, kann es richtig peinlich werden, und das wollen wir ja nicht, oder?

Andreas Schnell