Eichel will Riesters „Zwangsrente“

Der Finanzminister Hans Eichel greift einen Vorschlag des Arbeitsministers Walter Riester auf: Er ist für eine verbindliche private Altersvorsorge. Riester ist mit seiner Idee vor drei Monaten gescheitert    ■ Von Karin Nink

Berlin (taz) – Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hat sich grundsätzlich für eine verbindliche private Altersversorgung ausgesprochen. In einem Interview mit dem Spiegel sagte er : „Die Deutschen werden die Rente der Zukunft nicht allein mit dem gesetzlichen Umlagesystem finanzieren können. Deshalb muss jeder in irgendeiner Form privat vorsorgen, zum Beispiel durch Investmentsfonds.“ Eichel hält es für „sinnvoll, die Eigenvorsorge nicht allein in das Belieben jedes einzelnen zu stellen“. Der Finanzminister ist der Meinung, dass die Steuerpolitik der Bundesregierung auch den Menschen mit niedrigem Einkommen die Möglichkeit verschaffe, Geld für die private Alterssicherung anzusparen.

Mit seinem Vorstoß greift Eichel einen Vorschlag seines Kabinettskollegen Walter Riester (SPD) vom Juni wieder auf. Der Arbeitsminister hatte damals ein Zweistufenmodell vorgestellt, wonach die schrumpfende Umlagenrente durch eine Kapitalrücklage, die jeder Arbeitnehmer selbst zu tragen hätte, aufgestockt werden sollte. Zu diesem Zweck, so Riesters damaliger Vorschlag, sollte jeder Versicherte 2,5 Prozent seines Lohns zum Beispiel in Aktienfonds oder Lebensversicherungen anlegen.

Riester hatte jedoch seine Idee in der Öffentlichkeit schlecht verkauft. Das abschreckende Wort von der „Zwangsrente“ machte die Runde – und schon formierte sich der Widerstand sowohl in den eigenen Reihen als auch in der Opposition. Riester musste seine Idee wieder in der Schreibtischschublade verschwinden lassen.

Zur Zeit wird im Arbeitsministerium geprüft, wie die Altersversorgung durch Steuervergünstigungen gefördert werden kann. Außerdem plant Riester, dass in Zukunft eine verbindliche Summe der Lohnsteigerung, die in den Tarifvereinbarungen festzulegen ist, in eine zusätzlichen Altersversorgung investiert werden soll.

In den Unionsparteien ist man sich über eine zusätzliche private Pflichtaltersversorgung nicht einig. Der CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble lehnte am Wochenende einen Zwang zur Altersvorsorge ab. Er will vielmehr mit Hilfe von Steuervorteilen den Anreiz für eine private Altersvorsorge stärken und setzt außerdem auf eine bessere betriebliche Altersvorsorge. Für Familien mit Kindern will Schäuble die Rentenbeiträge senken.

CSU-Generalsekretär Thomas Goppel dagegen befürwortet ein privates Pflichtssparen fürs Alter. Seiner Auffassung nach muss jeder nachweislich eine private Altersvorsorge treffen. Er sprach sich gestern für eine von jedem selbst angesparte Kapital-Stock-Rente zur Ergänzung der gesetzlichen Rente aus.

Neuer Streit bahnt sich auch zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern zum Thema Rente mit 60 an. IG-Metall-Chef Klaus Zwickel forderte am Wochenende die Bundesregierung auf, schnell ein Modell für die Rente mit 60 vorzulegen. Um finanzielle Einbussen zu vermeiden, will Zwickel, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den nächsten Jahren jeweils ein halbes Prozent aus der jährlichen Tariferhöhung in einen Fonds einzahlen.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt und BDI-Präsident Olaf Henkel lehnen diese Idee ab. „Eine Rente mit 60 ist nicht zu finanzieren und mit uns nicht zu machen, schon gar nicht finanziert über Tariffonds“, sagte Hundt. Sie enthielten unkalkulierbare Risiken.