In Erfurt regiert König Bernhard

■ Ebenso wie in Sachsen hat nun auch im südlichsten ostdeutschen Bundesland die CDU die absolute Mehrheit. Union stellt auch im Bundesrat stärkste Fraktion

Im Osten Deutschlands werden vor allem Persönlichkeiten gewählt. So wie Kurt Biedenkopf und Bernhard Vogel.

Erfurt (AFP/taz) – So rasch war bislang nur selten ein Wahlgewinner vor die Kameras geeilt. Schon weniger als eine halbe Stunde nach dem Schließen der Wahllokale, als die ersten Hochrechnungen ihm übersteinstimmend den Triumph der absoluten Mehrheit bescheinigten, zeigte Bernhard Vogel der Öffentlichkeit ein breites Siegerlächeln. Strotzend vor Selbstbewusstsein wertete der thüringische Ministerpräsident, der künftig ohne den bisherigen Koalitionspartner SPD regieren kann, den Erfolg auch als seinen persönlichen Verdienst. Die Bundespolitik hatte nach seinen Worten keine entscheidende Bedeutung: „Die Wahl war von der CDU auf den Spitzenkandidaten ausgerichtet, die Aussage war klar, dass ich wieder Ministerpräsident werden sollte.“ Nur die SPD habe Bundespolitiker plakatiert, die CDU habe darauf verzichtet.

Diese Strategie zeigte vollen Erfolg. Denn nach einer ARD-Umfrage waren 76 Prozent der Wähler der Meinung, dass Vogel ein guter Ministerpräsident ist. Sein SPD-Herausforderer Richard Dewes erhielt demnach gerade einmal 21 Prozent Zustimmung. Nun kann Vogel also wie schon der CDU-Kollege Kurt Biedenkopf in Sachsen allein regieren. Schon lange sind Politologen davon überzeugt, dass der Persönlichkeitsfaktor beim Wahlverhalten im Osten Deutschlands eine besonders große Rolle spielt.

Er dürfte heilfroh sein, die SPD als Koalitionspartner loszuwerden. Die seit fünf Jahren regierende Große Koalition in Thüringen war von beiden Partnern als ungeliebte Zweckehe empfunden worden. Vogel hatte so manches Geplänkel mit dem Partner auszutragen. Zuletzt waren beide Koalitionspartner wegen des von der Bundesregierung gestoppten Weiterbaus der ICE-Strecke aneinander geraten.

Freilich kann Vogel nicht nur Erfolge vorweisen: Vor allem die PDS kreidet ihm jedoch an, sein 1994 gegebenes Versprechen zur Schaffung von 100.000 Arbeitsplätzen nicht erfüllt zu haben. Auch die Arbeitslosenquote konnte Vogel nicht wie gedacht unter zehn Prozent drücken; sie liegt derzeit 15,4 Prozent. Im Gegenzug verweist der 66-Jährige darauf, dass Thüringen beim Wirtschaftswachstum immerhin an der Spitze der neuen Länder steht.

Der Spitzenkandidat der SPD, Richard Dewes, kündigte an, seine Partei werde die Rolle der Opposition offensiv angehen. Persönliche Konsequenzen aus der Wahlniederlage lehnte der Spitzenkandidat und Thüringer SPD-Landesvorsitzende ab. Er sei nicht jemand, der sich in einer schweren Stunde aus der Verantwortung zurückziehe, sagte Dewes im ZDF. Dagegen forderte ein Vertreter der Grünen einen Profilierungsprozess für den Osten. Auf die Partei kämen „acht bis zehn sehr schwere Jahre“ zu.

Auswirkungen hat der Erfolg der Thüringer CDU auch auf den Bundesrat. Dort haben die Unionsgeführten Länder nun von den 69 Sitzen 28 Stimmen und damit zwei mehr als die SPD. Über 15 Sitze verfügen die von Koalitionen regierten „neutralen“ Länder.

Der neu-alte Ministerpräsident betonte jedoch „Vogel und nicht Lafontaine“ zu heißen: Im Bundesrat wolle Thüringen keine Total-Blockadepolitik wie die SPD unter der Regierung Kohl praktizieren. N.R.