Klemann sorgt für freie Fahrt zum Stau

■ Verkehrssenator: „Anti-Stau-Gesetz“ soll Baustellen verhindern, die den Verkehr behindern. Grüne: Das Gesetz ist keine Lösung für die gescheiterte Verkehrspolitik der CDU

Ein seit gestern geltendes Gesetz soll Berlin vor dem Verkehrs-Kollaps retten. Jürgen Klemann stellte das „Anti-Stau-Gesetz“ vor, das der Senat schon im Mai letzten Jahres beschlossen hatte. Doch das Gesetz soll nicht – wie der Name vermuten läßt – Verkehr, sondern Baustellen in der Innenstadt verhindern.

Die dafür zuständige Informations- und Koordinierungsstelle (Inko) soll mit einem „klugen Verkehrsmanagement“ baustellenbedingte Staus verkürzen. Bei der Inko müssen ab sofort sämtliche Sperrungen beantragt werden, die öffentliches Straßenland betreffen.

Gleichzeitig steigen die Gebühren für eine bauliche Nutzung von Hauptverkehrsstraßen um bis das Fünffache, bei Fristüberschreitungen sogar um das Zehnfache. Zudem erhält die Inko sechs neue Mitarbeiter, die die Straßennutzung vor Ort kontrollieren sollen. So sollen sich die Antragsteller zweimal überlegen, ob und wie lange sie den Verkehr behindern.

Für Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, ist das Gesetz jedoch lächerlich: „Es gibt keinen Stau, weil es Baustellen gibt, sondern weil 9 Jahre CDU-Verkehrspolitik fehlgeschlagen sind.“

Anfang 1991 hatte sich der damalige Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) das Ziel gesetzt, den Nahverkehr attraktiver zu machen. Gleichzeitig wurde im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD ein verstärkter Straßenausbau sowie ein Parkplatzleitsystem vereinbart. Zwei sich widersprechende Punkte. Bei weniger Stau in der Stadt fahren bekanntlich nicht weniger, sondern mehr Leute mit dem eigenen Wagen.

Von einem Umschwung vom Individualverkehr auf den öffentlichen Personennahverkehr ist nun keine Rede mehr. Die Verkehrspolitik des Senats ziele mit dem „Anti-Stau-Gesetz“ in eine falsche Richtung, kritisiert Cramer: „Ein Mehr an Bürokratie hat noch nie geholfen.“ Susanne Klingner