Das Portrait
: Der traurige Trainer Otto

■ Otto Rehhagel

Versteht die Welt nicht mehr: Otto Rehhagel (61)

Foto: Reuters

Ein 0:5 in einem Auswärtsspiel ist eigentlich keine Katastrophe – für einen alten Haudegen wie Otto Rehhagel schon gar nicht. Der Trainer des 1. FC Kaiserslautern ist Gründungsmitglied der Bundesliga und hat schon wesentlich Schlimmeres erlebt als das 0:5 am Sonntag in Bremen.

Doch weil Rehhagel so viel Erfahrung hat, wusste er sofort, was nach der Pleite am Sonntag kommen würde: Die verhassten „Medien“ würden das 0:5 hochstilisieren zum Misstrauensvotum der Kaiserslauterer Mannschaft gegen ihren Trainer.

So kam es auch: Die Zeitungen schrieben Kaiserslautern „tief in die Krise“, gestern musste Rehhagel erste Rücktrittsgerüchte dementieren: „Das ist eine Erfindung der Journalisten. Ich bleibe beim FCK.“

Otto Rehhagel steckt in einem Machtkampf. Das 0:5 in Bremen wird als Omen gegen Rehhagel gewertet. Sein bester Spieler, der Schweizer Ciriaco Sforza, hatte vor zwei Wochen den Aufstand geprobt und öffentlich Rehhagels Trainingsmethoden kritisiert – seitdem sitzt er auf der Tribüne. Der ehemalige Lauterer Kapitän Andy Brehme glaubt, dass das auch so bleibt: „Sforza macht in Kaiserslautern kein Spiel mehr. Jeder, der Otto Rehhagel kennt, weiß, wie nachtragend er ist.“

Rehhagel verzichtet auf seinen besten Spieler, obwohl er ihn dringend brauchen könnte: Den FCK trennt nur noch ein Punkt vom Abstiegsplatz. Doch Rehhagel ist nicht nur nachtragend, er ist auch altmodisch: Anlass des Streits mit Sforza waren nämlich nicht die Trainingsmethoden, sondern die Trennungsabsichten des Spielers Sforza. Nach Dortmund wollte er wechseln, des schnöden Mammons wegen! Das hat ihm Rehhagel nicht verziehen, das macht man nicht – einen Rehhagel verlässt man nicht.

Der Gemütsmensch aus dem Ruhrpott sieht in seinem Verein noch immer eine große Familie. Er ist der Patriarch, die Spieler kuschen – so wie damals in Bremen, wo er vierzehn Jahre lang machen durfte, was er wollte. So wird es nie mehr sein. Deshalb war er am Sonntag so traurig.

ImWeserstadion war es schon ganz dunkel, die Zuschauer nach Hause gegangen, die Konfetti verweht. In der Ferne hörte man leise die Gesänge der abziehenden Fans. Nur Otto Rehhagel konnte sich von seiner alten Wirkungsstätte nicht trennen. Einsam lief er über die Aschenbahn des leeren Stadions und suchte Trost – gar nicht altmodisch. Er schaltete sein Handy ein.

Lukas Wallraff