Der Bunker vom Domshof

■ Für den Ernstfall gerüstet: 14 Tage soll man es unterm Domshof aushalten / Die taz berichtet in loser Folge von Orten, die Bremer sonst nicht zu sehen kriegen

Der Fluchtweg in die Unterwelt geht heute über die öffentliche Toilettenanlage. Nur die atom- und drucksichere Stahltür neben dem Damenklo am Domshof gewährt Zugang zum größten Schutzbunker in Bremens Innenstadt.

2.600 Personen sollen hier im Ernstfall Unterschlupf finden. Riesig ist die unterirdische Halle mit Tiefgaragencharakter und zwei Fluren mit seitlichen Nischen. Für zweieinhalb Tausend schon wieder reichlich eng. Nur der Bunker in Vegesack sei noch größer, sagt Horst Bullmahn, „Hausmeister“ der Schutzbunker in Bremen.

Bis vor kurzem standen hier 35 Fahrzeuge der Polizei, als zentraler Parkplatz unterm Domshof. Aber seit der Neugestaltung des Platzes oben hat sich auch darunter einiges verändert: Die Autorampe am Schüsselkorb wurde abgerissen. Ein weiterer Abstieg am „Alex“ zugemauert. Seitdem fehle es an Frischluft, klagt Horst Bullmahn. Mit den Polizeiwagen kam vorher wenigestens ein bisschen frischer Wind in die Unterwelt.

Zwei Stahltüren sichern den Eingang. Hinter dieser Tür lagern Zementsteine. Backsteinformat – vielleicht ein bisschen größer, hüft-hoch gestapelt. Im Ernstfall werden die in die Tür gehängt, um den Strahlenschutz zu vergrößern.

Zwischen beiden Türen eine Dusche. „Dekontaminierung“ steht in schwarzer Blockschrift auf der gelben Wand. „Leichte Verstrahlung wird abgeduscht.“ Verstrahlte Härtefälle blieben draußen, heißt es. So wurde zumindest geplant. Die Kontaktaufnahme ins sichere Innere läuft über Guckfenster und Telefon. Hier wird entschieden, für wen die Türen geöffnet werden sollen. Und für wen nicht. Horrorszenario. Draußen würden dann zwei ABC-Züge der Freiwilligen Feuerwehr Neustadts und Blumenthals arbeiten, erklärt Bullmahn. „Aufräumen.“ So wäre es zumindest geplant.

Und die Herren und Damen Politiker nebenan im Rathaus? Flüchten die gleich in den Domshofbunker? Senatorenbunker? Horst Bullmahn winkt ab. Die Politiker würden schon wissen, wo sie hingingen. Hierhin wahrscheinlich nicht. Und er selbst? Wieder Kopfschütteln. Er wäre draußen und hätte andere Aufgaben.

Zwei Wochen soll man es unterm Domshof aushalten. 600 Metallbetten können an Ketten im Boden verankert werden. Jeweils drei übereinander. Schlafen in Schichten. Es gibt zwei Küchen. Ganz karg: mit einer Spüle, einer großen Kochplatte. Für 2.600 Menschen. Feinschmecker hätten keine Chance. Auch Toiletten und Waschräume sind ganz spartanisch.

Möbel hat der Domshof-Bunker nicht, aber Technik. Mit einem Technik-Sammelsurium der letzen 30 Jahre wird die Wasser-, Strom- und Luftversorgung kontrolliert. Die Grundwasser-Aufbereitung zum Beispiel wird langsam abgebaut. Zu alt. Im Ernstfall sollen Tabletten das Wasser aufbereiten. Für Luft sorgen dagegen große Metallfässer mit Aktiv-Kohle-Filtern. Baujahr 1971. Nach 14 Tagen aktiver Luftfilterung sind die gesättigt. Dann ginge die Frischluft hier unten zu Ende. Spätestens dann müsste draußen die Welt wieder heile sein.

Unterm Neptun-Brunnen liegt die Technik-Zentrale des Bunkers. Es stinkt nach Diesel. Ein dicker Motor liegt am Boden. Einer, der auch als Schiffsmotor auf Binnenschiffen eingesetzt wird. Die Dieselkiste soll für Strom sorgen. An der Wand moderne Technik. Unzählige rote Leuchtdioden, die unzählige Funktionen kontrollieren. Dazwischen Rohre, die in die Halle führen.

Überall an den Wänden schwarze Telefone. Alte Seefahrtstechnik für die interne Bunker-Kommunikation. Denn diese alten Apparate funktionieren ohne Strom. Immerhin gibt es ein Radio. Für den Kontakt nach draußen. Auch alt. Aber funktionstüchtig.

Gerade sind die Bauarbeiten hier unten fertig. Die Rampe und Zugänge wurden zurückgebaut. Jetzt, ausgerechnet jetzt, stöhnt Bullmahn, meldet sich das Café Alex und hätte gerne mehr Lagerraum. „Bauarbeiten abgeschlossen, wir fangen wieder an“, sagt Bullmahn. Aber den Lagerraum soll das Café kriegen, ein Flur wird dafür abgetrennt. Kühl und trocken ist es dort unten – als Lagerraum hervorragend geeignet. pipe