Rappeln im Kulturkarton

■ Die neue Spitze der Bremer Kulturverwaltung schart erste Feinde um sich

Erst seit kurzer Zeit ist ein neues Führungstrio für die Bremer Kulturverwaltung verantwortlich, doch schon rappelt's im Karton. Beim Forum Kulturmanagement der Hochschule Bremen sorgte der neue Kulturamtsleiter Reinhard Stroemer am Sonntag mit einem kuriosen, aus einem Katastrophenszenario entlehnten Vergleich für Missmut bei Kulturschaffenden: „Es ist bei uns wie bei einem Arzt und seiner Patientenpopulation: Manchen kann er helfen, manchen nicht.“ Das schmeckte der Galeristin und Mitgründerin der Initiative „Anstoß“ Katrin Rabus gar nicht: Sie erwartet, dass sich die Vertreter der Kulturverwaltung schützend vor die Szene und gegen Sparkommissare stellen. Doch Stroemer konterte: „Die Frage, was mit Steuergeldern passiert, muss erlaubt sein.“ Rabus konnte ihre Enttäuschung über Stroemers Aussagen auf dem Podium kaum verbergen. Ihr „Anstoß“-Compagnion, Theaterintendant Klaus Pierwoß, bekräftigte nicht ohne Grund seine Ankündigung, sich auch künftig in die öffentliche Debatte einmischen zu wollen.

Noch wird der Konflikt zwischen Szene und Verwaltung nicht offen ausgetragen, sondern hinter rhetorischen Spitzen versteckt. So bezeichnete Pierwoß die Brandenburger Kulturpolitik nicht von ungefähr als „Katastrophe“. Immerhin war der jetzige Leiter der Bremer Kulturmanagement GmbH, Volker Heller, zuvor in Frankfurt/Oder an der Abwicklung des Musiktheaters beteiligt. Es gärt also hinter den Kulissen.

Während die Leiterin des zu gründenden Kulturbüros, Margrit Hohlfeld, eher die Rolle der Pragmatikerin spielt und eine neue Heimat für das Junge Theater sucht (vgl. taz vom 11.9.), sind Heller und Stroemer offenbar auch für's Grobe zuständig. Sie wahren Distanz zur Szene und ihren Verfilzungen. Das schon aus den Zeiten der Ex-Kultursenatorin Kahrs (SPD) bekannte Misstrauen ist die Folge.

Mehr als Hohlfeld mit ihren Bemühungen um den Erhalt des Jungen Theaters (“Ich bin wild entschlossen, mir etwas einfallen zu lassen.“) waren Heller und Stroemer in den letzten Monaten mit dem Durchforsten des Kulturetats und seiner Nebenhaushalte beschäftigt. Dem Vernehmen nach kann man im Kleingedruckten auf Geschäftsführer von geförderten Einrichtungen stoßen, von denen gar nicht klar ist, welche Geschäfte da geführt werden. Und in nicht wenigen Museumskellern sollen stapelweise Kataloge als modernes Antiquariat lagern. Der mit viel Vorschusslorbeer geschmückte neue Kultursenator Bernt Schulte (CDU) wird wissen, was seine Verwaltung tut und gefunden hat.

In der Szene stört jedoch empfindlich, dass sich das Verwaltungstrio nicht öffentlich hinstellt und für eine Erhöhung des Etats plädiert. Im Gegenteil: Es ist bereit, sich auch auf andere Zeiten einzustellen, und mit denen hat Heller in Frankfurt schon Erfahrungen gemacht: „Wir verstehen uns nicht als Bodyguards für bestimmte Strukturen“, hielt er Pierwoß entgegen und rechtfertigte die Brandenburger Politik: „Wenn man nichts geändert hätte, hätten Theater und Orchester schnell 90 Prozent des Kulturetats verbraucht – damit rasieren Sie eine ganze Szene weg.“ Darauf Pierwoß: „Ich klebe nicht an Strukturen, ich klebe an Institutionen.“ Und: „Der Streit fängt mit dem Satz an ,Das ist von der Stadt nicht mehr finanzierbar.' Ich habe die Erfahrung gemacht, dass für bestimmte Zwecke immer Geld da ist.“

Trotz heißer Temperaturen hat sich die Stimmung zwischen Kul-turlobby und –verwaltung spürbar abgekühlt. Aber noch ist offen, wer am Ende als Patient zu welchem Arzt muss. Christoph Köster