BSAG-Privatisierung wäre „zweckmäßig“

■ BSAG braucht 40 Millionen Mark mehr Zuschuss als der Senat eingeplant hat / C+L-Gutachten: Nicht wettbewerbsfähig

Der Bremer Senat hat gestern kleine Konsequenzen aus dem Wirtschaftlichkeitsgutachten gezogen, das die C+L-Treuarbeit im Mai 1999 vorgelegt hatte. Während die C+L-Gutachter darauf hingewiesen haben, dass der Bremer Straßenbahn- und Busbetrieb, der wie der öffentliche Dienst organisiert ist, auf einem liberalisierten Markt nicht überlebensfähig wäre, einigten sich Senat und BSAG-Vorstand nur eine Kostensenkung von ca. 5 Prozent.

In der Bremer Finanzplanung sind bisher ca. 126 Millionen Mark jedes Jahr als Zuschuss für die BSAG vorgesehen, die prognostizierten Verluste der BSAG, die zu 100 Prozent im kommunalen Besitz ist, belaufen sich auf knapp 170 Millionen Mark jedes Jahr. Der BSAG-Vorstand und der Senat sind sich nun einig geworden, dass der Zuschuss-Bedarf in vier Jahren auf 155 Milionen Mark abgesenkt werden soll; das akute Haushaltsloch in der Planung für die vier Jahre bis 2003 würde sich von 160 Millionen auf 120 Millionen verkleinern.

Dafür hat der BSAG-Vorstand eine Reihe von Massnahmen vorgesehen: Durch eine bessere Organisation des Fahrdienstes sollen die selben Fahrleistungen mit 46 Fahrern weniger erbracht werden, es sollen mehr Strecken an private (preiswertere) Busunternehmen vergeben werden, Reparaturbereich und Verwaltung sollen schlanker werden, durch bessere Kontrollen sollen mehr „Schwarzfahrer“ zur Kasse gebeten werden.

Der BSAG-Vorstand hat darüber hinaus beschlossen, auch ein „Mutter-Tochter“-Modell „auszuarbeiten“. Das bedeutet: Die bisherige Belegschaft mit ihren hohen Tarifeinstufungen (BSAG-Vorstand: „Altlasten“) werden bei der Mutter angestellt, neue Einstellungen erfolgen nur noch „zum wettbewerbsfähigen Tarif“ bei der Tochter-GmbH. Dies widerspricht allerdings gültigen tarifvertraglichen Festlegungen. Die ÖTV hatte beim Tarifabschluß im März dieses Jahres zugestimmt, dass die Stundensätze für neu angestellte Mitarbeiter um ca. 20 Prozent niedriger liegen als das 1996 noch der Fall war. Im Gegenzug hatte der BSAG-Vorstand schriftlich zugesichert, dass keine Ausgliederungen aus der Geschäftstätigkeit der BSAG in Tochter-Unternehmen mit anderen Tarif-Strukturen vollzogen werden. Der Arbeitsdirektor im BSAG-Vorstand, Herbert Resch, erklärte gestern auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit der zuständigen Bausenatorin Tine Wischer, Ziel müsse es sein, dass die BSAG nicht mehr einen besonderen Tarifvertrag mit der ÖTV abschließt, sondern dem Branchentarifvertrag der privaten Busunternehmen beitritt. die Gewerkschaft TV verbreitete gestern per Pressemitteilung das Gegenteil: Über den Verkehrsverbund VBN solle die BSAG erreichen, dass alle Unternehmen im Verkehrsverbund „einheitliche Qualitäts- und Sozialstandards gewährleisten“. Der zum Vergleich herangezogene Tarifvertrag privater Busunternehmer aus Niedersachsen könne kein Maßstab sein.

Die Maßnahmen, die zu fünf Prozent Kosteneinsparung führen sollen, werden „zu keiner wettbewerbsfähigen Kostenstruktur bei der BSAG führen“, haben die C+L-Gutachter zu dem Maßnahmen-Paket des BSAG-Vorstandes zu Protokoll gegeben. Wenn das neue EU-Recht die alten kommunalen Monopole beim Nahverkehr genauso beendet wie beim Strom und Telefon, dann würden „auch die Organisation und die gelebte Unternehmenspolitik zur Disposition stehen“, sagen die Gutachter.

Die Gutachter von C+L hatten daher angeregt, dass die Stadt ein privates Unternehmen an ihrer BSAG beteiligen solle, um den Rationalisierungsdruck zu verstärken. Diesen Gedanken hat der BSAG-Vorstand mit der nebulösen Formel thematisiert: „Die BSAG führt zurzeit Gespräche über Beteiligungen an bzw. durch andere Unternehmen.“ Der Senat ist da in dem Teil des Senatsbeschlusses, der auf der Pressekonferenz verschwiegen wurde, deutlich: Beteiligung von „stragegischen Partnern durch Veräußerung von Anteilen“ sei „zweckmäßig“. K.W.