Das Porträt
: Pionierin mit wenig Geduld

■ Carolina Morace

Ausgeprägte Wanderlust war schon immer eine hervorstechende Eigenschaft von Carolina Morace. Ihre zwölf Meistertitel holte Italiens beste Fußballerin aller Zeiten immerhin mit acht verschiedenen Vereinen. Dass sie allerdings so schnell wieder aus dem mittelitalienischen Viterbo verschwinden würde, hätte selbst sie nicht gedacht. Mit großem Mediengetöse war die 35-Jährige, die zuvor die Frauen von Lazio Rom betreute, im Juni zur Trainerin des Drittligisten Viterbese berufen worden – die erste Frau im Lande, die einem männlichen Profiteam vorstand. Ein Durchbruch, der sogar dem Time Magazine eine Geschichte wert war. Am Montag trat Carolina Morace nach nur zwei Punktspielen zurück.

Der Grund für den raschen Abschied war jedoch nicht die 2:5-Niederlage am Wochenende in Crotone, nachdem das erste Match gegen Marsala mit 3:1 gewonnen worden war, sondern das zerrüttete Verhältnis zum Klub-Besitzer Luciano Gaucci. So wie die Rechtsanwältin, Fernsehmoderatorin und Fußballtrainerin Morace einen Hang zu Ortswechseln hat, ist Gaucci dafür bekannt, seinen Angestellten solche im Handumdrehen zu verschaffen. Der allmächtige Viterbese-Präsident, dem auch der Erstligaklub AC Perugia gehört, hat eine lange Geschichte von Trainerrauswürfen hinter sich.

„Vielleicht hat er nicht gedacht, dass ich eine starke Persönlichkeit habe“, sagt Carolina Morace. „Er hätte sich vorher informieren sollen.“ Stein des Anstoßes war die Absicht Gauccis, Co-Trainerin Bavagnoli und Konditionstrainer Perrone zu entlassen, außerdem hatte er Morace mit einer Geldstrafe belegt, weil diese gegen das von ihm verhängte Schweigegebot gegenüber der lokalen Presse verstoßen habe, was sie bestreitet. „In einem solchen Klima kann ich nicht arbeiten“, sagt Morace.

Mag nicht mehr Fußballer in Viterbo triezen: Carolina Morace Foto: AP

Eine kleine Hintertür gibt es noch. Heute, am Tag des wichtigen Pokalspiels gegen Ancona, will Morace mit anderen Vertretern des Klubs reden. Wenn sie „weitreichende Garantien“ bekäme, würde sie eventuell bleiben. Es ist jedoch kaum zu erwarten, dass irgend jemand gegen Gaucci auftritt, von dessen Wohlwollen der Verein, der ganz nach oben möchte, komplett abhängig ist.

Trainerin will Carolina Morace, die in ihrer Karriere 554 Tore erzielte und 150 Länderspiele bestritt, aber in jedem Fall bleiben und das erreichen, was ihr Luciano Gaucci schon bei ihrem Amtsantritt in Viterbo prophezeite: „Eines Tages wird Carolina eine Mannschaft der Serie A trainieren.“ Vielleicht ja sogar länger als ein paar Wochen. Matti Lieske