■ Bahn-Chef Johannes Ludewig verliert seinen Posten
: Die Bahn fährt nicht von allein

Selten wurde über einen Abgang länger spekuliert als über den des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn AG, Johannes Ludewig. Nach vielen Monaten und Angriffen von allen Seiten ersetzt der Alleinaktionär Bundesregierung den CDU-Mann nun durch einen Mann aus der Wirtschaft.

Doch das Parteibuch war nicht das einzige Problem Ludewigs. Er hatte einfach zu viele Feinde – der Bahnindustrie wollte er die Preise drücken, die Gewerkschafter brachten die andauernden Kündigungen gegen ihn auf, und die Verkehrsexperten rauften sich sowieso die Haare über die unklare Strategie der Konzernzentrale.

Hier liegt das Problem, das auch ein noch so gewiefter Nachfolger nicht einfach lösen kann. Denn dumm und unerfahren war schließlich auch ein Ludewig nicht. Er hat es jedoch nicht geschafft, den richtigen Schwung in den Laden zu bringen. Vor allem sein Fernverkehrschef, der nun ebenfalls geschasste Axel Nawrocki, hat schließlich einen PR-GAU nach dem anderen hingelegt, von der Eschede-Katastrophe über Verspätungen bis hin zu überfüllten Zügen während der üblichen Stoßzeiten.

Hier stimmte die ganze Richung nicht. Marketingkauderwelsch auf den Hinweistafeln und den Werbeflugblättern kann doch keinen Reisenden täuschen: Die Bahn ist nicht gerade billig, weil die teuren Hochgeschwindigkeitszüge und -strecken nun das Rückgrat der Fernverbindungen bilden. Die Nachfolger müssen nun einen Kompromiss finden zwischen teurem ICE und langsamen Regionalzügen.

Aber auch der Gesetzgeber ist gefragt: Noch-Verkehrsminister Franz Müntefering kritisierte jüngst harsch den langsamen Güterverkehr der Bahn. Da hat er Recht. Und nach Aussagen von Spediteuren ist die Bahn lachhaft unflexibel. Doch ist es immerhin die Politik, die bisher den Verkehr billig und schnell über die Autobahnen laufen lässt. Und die gleichen Industrieverbände, die sich über die Bahn beschweren, sehen den Untergang des Abendlandes kommen, wenn der Straßentransport verteuert wird.

Einiges muss sich ändern, wenn die neuen Bahn-Chefs nicht genauso schnell unter die Räder kommen wollen wie die alten. Zumal sich die alten Feinde von Ludewig schnell auf den neuen Chef einschießen werden. Aber vielleicht hilft ja der Sparzwang: Wenn das Geld für immer breitere Autobahnen endlich zur Neige geht, sind die Bahn und ihre Regulierer hoffentlich gezwungen, den Schienenverkehr richtig ins Rollen zu bringen. Reiner Metzger