Wohin, oh grüne Umweltpolitik?

■ Thesenpapier der grünen Landesverbände will Neuausrichtung der Partei beeinflussen und nennt auch konkrete Beispiele

Berlin (taz) – VertreterInnen mehrerer bündnisgrüner Landesarbeitskreise sowie grüne EisenbahnerInnen haben ein Thesenpapier veröffentlicht, mit dem sie die im November geplante Neuausrichtung der Partei beeinflussen wollen. „Umweltpolitik von Bündnis 90/Die Grünen will nicht an den Symptomen reparieren, sondern bei den Ursachen eingreifen“, heißt es.

Klar positionieren sich die UnterzeichnerInnen gegen den Vorschlag mehrerer Berufspolitiker, den der umweltpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Reinhard Loske, vor kurzem vorstellte. Darin wurde einem „neuen Politikstil“ das Wort geredet, der vor allem auf Kooperation mit der Wirtschaft setzt und die Verursacher von Umweltschäden zur Mitgestaltung der Umweltpolitik auffordert. Das Vertrauen auf Verordnungen wird dagegen als „überkommene Vorstellung von Umweltpolitik“ abqualifiziert.

„So hat Angela Merkel auch immer argumentiert“, kritisiert Werner Schmidt, Sprecher des Landesarbeitskreises Verkehr und Siedlungswesen in Bayern, und hält dagegen: „Die Politik muss weiterhin mit Gesetzen und Verordnungen lenkend eingreifen, wenn das Wohl der Gesellschaft in Gefahr ist.“

Während Parteivorstandsfrau Gunda Röstel, Ralf Fücks, Tom Koenigs, Michaele Hustedt und noch etwa zehn weitere Grünenfunktionäre in ihrem Thesenpapier fast völlig auf Beispiele verzichten, wird die „Basis“ konkreter. Beim Thema Verkehr beispielsweise: Tempo 100 auf Autobahnen, Erhöhung der Mineralölsteuer entsprechend den Umweltkosten, eine Umweltabgabe für den Flugverkehr sowie eine Kerosinsteuer stehen im Programm.

Dass eine solche Politik wirtschaftsfeindlich sein müsse, bestreiten die Unterzeichner. Werde der Schwerpunkt der Siedlungspolitik beispielsweise auf Renovierung und Wärmedämmung des Wohnungsbestandes gesetzt statt auf Neubauten auf der grünen Wiese, profitierten Ökologie und Arbeitsmarkt gleichermaßen. Zum einen werde die Versiegelung eingedämmt, zum zweiten entstünden mehr Jobs. Doch im Zweifel gibt es für die Unterzeichner eindeutige Prioritäten. „Die Freiheit der/des Einzelnen und auch der Wirtschaft hat ihre Grenzen, wenn die Umweltschäden größer als der Nutzen sind.“

Die „Rebellen“ aus den Ländern wollten ihre Thesen auf der offiziellen Internetseite der Partei (www.gruene.de) ablegen, wo auch das Loske-Papier steht. Aber man habe ihm gesagt, „da könnte ja jeder kommen“, empört sich Schmidt. Wer es nachlesen will, muss deshalb www.basisgruen. de anklicken. Annette Jensen