SPD-Masterplan: Geschlossenheit

Nach einer emotionsgeladenen Fraktionssitzung verordnet sich die Linke ein Ende der Nörgelei. Zur Sicherheit installiert Schröder ein „Frühwarnsystem“  ■   Von Karin Nink

Berlin (taz) – Fast scheint es so, als könne Bundeskanzler Gerhard Schröder sich wieder entspannt zurücklehnen. Denn nun wollen auch die Linken – zumindest öffentlich – nicht länger an der Haushaltspolitik der Bundesregierung rumnörgeln. Vor dem Strategietreffen der SPD gestern Abend im Kanzleramt, an dem Vertreter des rechten und linken Flügels der Partei teilgenommen haben, kündigte der Sprecher des linken Flügels, Gernot Erler, gegenüber der taz an, sie wollten „die Kommunikation, die statt Telefon oder persönlichem Gespräch das Interview wählt“, beenden.

Bei dem Treffen mit dem Kanzler wolle sich die Linke dafür einsetzen, dass „der Meinungsaustausch nicht mehr über die Öffentlichkeit“ stattfinde. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die Kommunikation zwischen dem Kanzler und den verschiedenen Gremien verbessert werde, betonte Erler.

Erler ist aber nach wie vor davon überzeugt, dass „parallel zum Sparpaket eine Botschaft kommen muss, dass wir auch Vermögende zur Konsolidierung der Staatsfinanzen heranziehen wollen“. Denkbar wäre dabei eine mit der deutschen Einheit begründete, zeitlich begrenzte „Vermögensabgabe“ für Leute mit Grundbesitz oder Kapitalvermögen oder eine andere Form, mit der Vermögende zur Sanierung der Staatsfinanzen herangezogen werden könnten, sagte Erler.

Während sich die Linken in Folge des Wahldebakels vom Wochenende öffentliches Sprechverbot auferlegen, meldeten sich in der Fraktionssitzung am Montag Abend viele Bundestagsabgeordnete zu Wort, die sonst nicht unbedingt im Ruf stehen, ihr Stimme laut zu erheben. So als müssten sie den Obergenossen in Berlin jenseits aller Wahlanalysen noch einmal eindringlich deutlich machen, wie dramatisch es an der Basis in den Städten und Gemeinden aussieht, erzählten sie davon, dass „bei uns ganze Straßenzüge nicht zur Wahl gegangen sind“.

Die Leute müssten wieder spüren, dass „ihr da oben sie mögt“, mahnte SPD-Frau Margot von Renesse. Der als sehr zurückhaltend geltende Dortmunder Abgeordnete Wolfgang Weiermann kritisierte die geplante Kürzung der Arbeitslosenhilfe und beklagte sich über das uneinheitliche Bild, das die Partei abgebe.

Direkte Kritik am Kanzler gab es aber kaum. Dafür wurde der Ruf nach dem „Herz der Sozialdemokratie“, das wieder spürbar sein müsse, laut. Einer, der sich mal so richtig Luft machen musste, war der NRW-Abgeordnete Klaus Lennartz. Der am Sonntag abgewählte Landrat des Erftkreises kritisierte laut und wütend das Auftreten und den politischen Kurs des Kanzlers und machte Gerhard Schröder persönlich für das Wahldebakel verantwortlich.

Der Kanzler hörte sich die Vorwürfe mit versteinerter Miene an, äußerte sich aber nicht dazu. Schröder hatte zu Beginn der Sitzung deutlich gemacht, dass er sich für die Wahlschlappe mit in der Veranwortung fühlt, nun aber von der Fraktion ein geschlossenes Auftreten erwarte. „Wir werden uns jetzt um die Durchsetzung des Sparpakets kümmern, und zwar gemeinsam“, sagte er.

Damit ihm da nun auch ja keiner mehr quer schießt, erst recht nicht während der heute beginnenden Haushaltsdebatte, hat der Kanzler gestern eine Art „Frühwarnsystem“ eingerichtet. Ein mit dem designierten Generalsekretär Müntefering, Fraktionschef Peter Struck, Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier und dem parlamentarischen Geschäftsführer der SPD im Bundestag, Wilhelm Schmidt , besetztes Gremium soll jetzt die Arbeit von Partei, Fraktion und Regierung koordinieren.