Schluss mit Ladenschluss im Expo-Jahr

■ Senat beschloss: Arbeitssenatorin soll Ausnahme-Regelung für sechs Monate vorbereiten / Gewerkschaft HBV dagegen, DAG eher dafür / Kleine Kaufleute sind dagegen gespalten

Der Bremer Senat hat die Arbeitssenatorin Hilde Adolf (SPD) beauftragt, eine „Allgemeinverfügung“ für längere Ladenöffnungszeiten im Jahr 2000 zu erlassen. Wenn im niedersächsischen Umland von Bremen in der Expo-Zeit vom 15. Mai bis 15. November 2000 die Geschäfte länger geöffnet haben, dann soll dies auch in Bremen ermöglicht werden, sagt der Sprecher der Arbeitssenatorin, Jörg Henschen. Nach dem Senatsbe-schluss sollen Geschäfte zwischen 8 und 22 Uhr werktags inklusive samstags, und zunächst an vier Sonntagen Kunden bedienen können. Die Gewerkschaft HBV will sich mit diesem Beschluss allerdings nicht abfinden.

Der Einzelhandelsverband Nordsee Bremen hat mit seinem Antrag beim Senat den Stein ins Rollen gebracht. Die Begründung: Da die Hansestadt während der Jahrtausend-Messe mit mehr als 1.000 zusätzlichen Übernachtungen pro Tag rechne, müsse diesen Besuchern auch etwas geboten werden. Vor allem aber dürfe Bremen nicht hinter Niedersachsen zurückstehen, sagt die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Brigitte Dreyer, die auch Bezirksvorsitzende der Angestellten-Gewerkschaft DAG ist: „Wenn unsere Nachbarn ihre Läden länger geöffnet haben, müssen wir das auch tun.“

Werner Klimm, Geschäftsführer der DAG, erklärt, seine Gewerkschaft habe den Senatsbeschluss „zähneknirschend zur Kenntnis genommen“. Widerstand will die DAG nicht organisieren, allerdings über die Sonntage verhandeln: Nicht vier, sondern nur zwei Sonntage dürfen es für die DAG sein.

Auch die Grünen sprechen sich nicht grundsätzlich gegen neue Ladenöffnungszeiten aus. Das Ladenschlussgesetz sollte um eine Experimentierklausel erweitert werden, sagt die für Arbeitsmarktpolitik zuständige Grünen-Abgeordnete Anja Stahmann.

Entschieden gegen die sechsmonatige Ausnahmeregelung ist die Gewerkschaft Handel, Banken Versicherungen (HBV). Der in Bremen zuständige neue Gewerkschaftssekretär Richard Schmid: „Wenn dieser Beschluss durchgesetzt werden sollte, werden wir uns auf jeden Fall dagegen stellen.“ Die 80 Stunden Ladenöffnung pro Woche reichten vollkommen aus.

Ebenfalls kritisch sieht die Angestelltenkammer Bremen die angestrebte Sonderregelung. Denn der Paragraph des Ladenschlussgesetzes auf den sich der Senat bei der Umsetzung stützt, sieht nur „Ausnahmen“ und die nur „in besonderen Fällen“ vor. Erstens müsse der Zeitraum begrenzt sein und zweitens ein dringendes öffentliches Interesse bestehen. Beides sieht der Sprecher der Angestelltenkammer, Theo Klinger, nicht.

Auch die HBV glaubt, dass die Ausnahmen nur ein Weg sind, das Ladenschlussgesetz insgesamt zu kippen. Sie will möglicherweise vor Gericht gehen gegen die jetzt beschlossene „Ausnahme“.

Bei den Einzelhändlern gehen die Meinungen auseinander. Einige kleine Geschäfte, in denen die Inhaber selbst hinter dem Ladentisch stehen, freuen sich über flexiblere Öffnungszeiten. Im Oster- oder Steintor kämen die Kunden eher am Abend oder am Wochenende zum Einkaufen, sagt Charlotte Irmler von dem Wein- und Schuh-Laden „Scarpo Vino“. Norbert Caesar, Sprecher der Viertel-Kaufleute, hält dagegen nichts von der Regelung. Nach seinen Erfahrungen geht er nicht davon aus, dass so viele Kunden abends kommen, dafür würde er keine neuen Mitarbeiter einstellen. Nathalie Sander