Hosen runter, Bölkstoff rein

Mit seinem Bier trinkenden Prolethelden Werner hat der Comiczeichner Rötger Feldmann viel Geld gescheffelt. Diesmal kesselt es mit „Werner – Volles Rooäää!!!“ im deutschen Kino von hinten  ■   Von Detlef Kuhlbrodtsen

Vor achtzehn Jahren erschien das erste Werner-Buch. Es war noch schwarz-weiß gezeichnet und enthielt keine größeren Geschichten, sondern Cartoons, die irgendwie in der Tradition von Seyfried und via Seyfried von Gilbert Sheltons Freak Brothers standen, nur eben dass Werner als halbstarker Kieler Proll mit alternativer Subkultur wenig am Hut hatte und lieber Flasch Bier trank, als zu kiffen.

Werner, der bodenständige, motorradbegeisterte Anarchist, vertrat einen brachialen Lebensgenuss – „Hose runter!“, „Hau weg den Scheiss“ –, mit dem man die Vertreter grüner Verzichtsideologie prima provozieren konnte. Der redundante Jungmännerheld mit Herz und spitzen Cowboystiefeln, der ewige Lehrling irgend welcher Klempnerkleinbetriebe hatte mit Frauen nix am Hut, bastelte in seiner Freizeit an seinem Chopper – mehr Lärm, mehr Tempo! – und prägte das Bild von Schleswig-Holstein und seiner grotesken Landeshauptstadt Kiel als einem komisch widerständigen Gallierdorf.

Er verachtete die Yuppies und Popper der achtzigerer Jahre, raste sehr lärmintensiv und verfolgt von dämlichen Bullen über die Landstraßen Schleswig-Holsteins – zwischendurch gab's Tass Kaff – und wurde – nun auch als Film („Werner – beinhart“ und „Werner – das muss kesseln“) und Bier – immer erfolgreicher.

Acht Jahre lang hatte Werner nur Flens getrunken; dann kam der Kieler Zeichner Brösel (der Name bezieht sich wohl noch auf Rötger Feldmanns früher gelegene Hascherphase) mit seinem „Bölkstoff“ auf den Markt – dem Bier zum Film. „Bölkstoff ist der flüssig gewordene Traum echter Nassbrotenthusiasten, die ihr Elixier nicht nur trinken, sondern auch leben wollen.“

Zum neuen Film „Werner – volles Rooäää!!!“ gibt es das Flaschbier auch in einer streng limitierten Auflage in der „ultimativen Bölkstoffdose“ mit Comics drauf, eine Werner-Zigarre, sein Motorrad, die satte Literschüssel als Revell-Modell, und ein „Werner-Land“ ist auch schon angedacht.

Während die Wernersens – Rötger, seine Frau Petra und Bruder Andi – immer mehr Geld scheffelten, wurden die Filme immer infantiler. „Volles Rooäää!!!“ ist ein einsamer Höhepunkt redundanter Geschmacklosigkeit; ein an Asterix orientiertes leicht klassenkämpferisches Spätwerk konsequenten Proletkults, dessen Witzigkeit – wenn man's so nennen will – darin besteht, dass jemand sich verspricht und Fräulein von de Blotz, die schöne Vorzimmerschickse des fetten Immobilienhais Günzelsen, gegen den Werner und seine unbeugsamen Rockergenossen kämpfen, weil er ihr Haus abreißen will, Blondevotz nennt, braune Neonazis für den Führer scheißen (Ich mach mich nass aus Hass!) und vor allem ständig Rohre platzen und die negativen Helden des Films in Scheiße versinken.

Beeindruckend! „Fäkalstau in Knöllerup“ heißt der Film im Untertitel. Zwei unselige Musiker der heimatverbundenen Gruppe Torfrock („Volle Granate, Renate“) haben die bodenständige Heimatrockermusik beigesteuert, die tatsächlich noch schlimmer ist als die der Puhdys in der Reklame für Berliner Pilsner.

Eine Wildsauparty, die muss lustig sein, und wer nicht lustig ist, der ist ein dummes Schwein. Gefällt das Sie oder nich oder wat oder wie oder wat? – Sowas nicht mit mich!

Werner ist Proletkult. Der Proletkult wendet sich gegen die bürgerliche Kultur und lehnt sie absolut ab. Das erste Verbot, mit dem die bürgerliche Gesellschaft die Menschen drangsaliert, ist das Verbot, aus der Analtätigkeit und ihren Produkten Lust zu gewinnen, betrifft also, so Freud, das Zurückhalten der Exkremente.

Der Darminhalt wird vom Säugling „wie ein zugehöriges Körperteil behandelt, stellt das erste Geschenk dar, durch dessen Entäußerung die Gefügigkeit, durch dessen Verweigerung der Trotz des kleinen Wesens gegen seine Umgebung ausgedrückt werden kann“, schreibt Freud in seinen drei Abhandlungen zur Sexualtheorie.

Viel mehr ist zu Werner nicht zu sagen; nur vielleicht noch, dass Lenin sich ganz entschieden gegen den Proletkult ausgesprochen hat.

„Werner – Volles Rooäää!!!“.Regie: Gerhard Hahn, Buch: Rötger und Andi Feldmann, Musik: Harry Schnitzler, Jens Busch. Deutschland 1998, 75 Minuten