Niemanden verdrängt

■ „Schwulenfeindlichkeit“ gewittert

Lange glaubte Erik Springer, darum kämpfen zu müssen, dass sein Hotel als förderungswürdig anerkannt wird. Dass es darum gehe, der Wirtschaftsbehörde zu verdeutlichen, wie gut eine Finanzspritze für das „Hotel Königshof“ am Pulverteich in deren Modernisierungsprogramm für St.Georg passe. Seit er darauf im Juni vor dem Verwaltungsgericht klagte und die Akten einsehen durfte, hat er die Hindernisse indes anderswo als im Modernisierungsprogramm entdeckt: Ihm das Geld zu verweigern, sei eine schwulenfeindliche Entscheidung, ist der Unternehmer nun überzeugt.

Zu der Überzeugung ist er vor allem durch einen Brief gelangt, den er in den Akten fand und auf den die Wirtschaftsbehörde in ihrer Klageerwiderung ausdrücklich verweist. Den hatte das benachbarte „Hotel Raphael“ im Februar vorigen Jahres an die Wirtschaftsbehörde gesandt, unmittelbar, nachdem Springer seine Pläne kundgetan hatte, am Pulverteich ein Hotel speziell für schwule Männer zu eröffnen. Der Betreiber des „Hotel Raphael“ warnt die Wirtschaftsbehörde in dem Brief, die Eröffnung einer schwulen Herberge würde dem Konzept zur Erneuerung St. Georgs widersprechen. Das nämlich soll den Stadtteil als „buntes, gemischt genutztes Quartier“ erhalten. Die ehemals vorhandene gesunde Mischung aus Gewerbe, Wohnungen und mittleren Handwerksbetrieben sei jedoch „zu einer schwulen Szene in den letzten Jahren gekippt“. Es folgt eine Liste schwuler Läden der Umgebung.

Der Brief, so die Wirtschaftsbehörde in ihrer Erwiderung auf die Klage, zeige deutlich die Problematik auf: Seitens der Stadt Hamburg bestünde kein Interesse an einer „Stärkung der Schwulenszene“ durch Finanzspritzen. Mit Zuwendungen solle „eine Verbesserung des Erscheinungsbildes des Quartiers“ erreicht, nicht hingegen „die kaum mehr gegebene gesunde Gewerbestruktur des Stadtteils noch weiter geschwächt werden“.

Dass eine konkurrierende Herberge sich zu derartigen Schreiben hinreissen lässt ist sicher das eine. Dass die Wirtschaftsbehörde die darin enthaltenen Behauptungen ungeprüft übernimmt, ist jedoch etwas anderes und empört Frank Münzinger vom schwulen Projekt „Hein und Fiete“ zutiefst: „Schwule Projekte haben niemanden verdrängt, sondern sich gerade dort entwickelt, wo andere St. Georg als Standort bereits aufgegeben hatten“, hält er entgegen. Und: Wo heute das „Hotel Königshof“ residiert, war zuvor ein heruntergekommenes Bordell und ein Drogenumschlagplatz. „War das Erscheinungsbild des Quartiers da besser?“ Elke Spanner