piwik no script img

Catch as UrDrü can Catch can

■ Der Bremer Eddy Steinblock wird Europameister im Schwergewicht und erhält keinen Senatsempfang und keine Wilhelm-Kaisen-Medaille

Wir machen uns für bedrohte Völker stark, für aussterbende Haustierrassen und für den letzten wilden Sauerampfer am Bahndamm in Oslebshausen. Mit aufreizender Gelassenheit aber nehmen wir die Agonie hin, die den hierzulande einst so mächtigen Stamm der Catcher und Berufsringer befallen hat. Ganze zwei Wochen stellen sie heuer noch ihre Kunst in der zum Anhängsel des CieCieBie mutierten Stadthalle vor – und das, wo die Berufsringer dort früher noch gemeinsam mit dem Publikum vom bereits abgeschafften Buß- und Bettag an auf der Bürgerweide das Erscheinen des Christkindes abwarteten. Auch so ein Zeichen des barbarischen Zerfalls gesinnungsproletarischer Subkultur, wie er sich schon in der Bedachung und Bestuhlung von Fankurven beim SV Werder Bremen ausgedrückt hat und im Verbot des öffentlichen Flaschbiertrinkens kulminieren wird.

Einen Hoffnungsschimmer in dieses Dunkel bringt nunmehr immerhin der Bremer Catcher Eddy Steinblock. Beim derzeit in Hannover laufenden Turnier auf dem Schützenplatz (über 60 Tage) holte sich der blonde Hüne im harten Kampf gegen den Schotten Drew Mc Donald unter sportlicher Aufsicht des Verbandes der berufsringer den vakanten CCC-Europameistertitel im Schwergewicht!

Dabei setzte der raubeinige Highlander mit den obszönen Tattoos unserem Eddy in den ersten Runden auf das Wüsteste zu. Knetete und würgte ihn, zwang ihn mehrfach in den Ringstaub und sparte nicht an Tritten und Knüffen. Erst in der sechsten Runde konnte der Steintor-Indianern Schotten auf den Boden zwingen und den Kampf per Schulterfesselung für sich entscheiden. Eddy Steinblock also – der neue Europameister aus Bremen: Wo bleibt der Senatsempfang, das Umarmen durch Bürgermeister Henning Scherf, wo die Ehrung mit der Wilhelm-Kaisen-Medaille?

Während dessen sinnt Mr. Mc Donald auf Revanche – am liebsten in Bremen. Immerhin hat er ein beträchtliches Repertoire an schockierenden Gewohnheiten. Der Chronist erinnert sich in diesem Zusammenhang einer Findorffer Kneipennacht in der Nähe des Torhafens, als dieser Mensch die Anwesenden erfolgreich um die Spende von Körperflüssigkeiten zur Anfüllung seines halb geleerten Bierglases bat und dieses dann auch Ex trank. Was wäre eine Welt ohne solche Mc Donalds, die offenbar nicht mit den Burgern und Shakes aus fernfamiliärer Seitenlinie aufwuchsen, sondern mit Rinderblut und vollkommen grob geschroteter Hafergrütze in Whisky groß wurden?

Bis zu diesem Showdown aber bleibt beiden Kontrahenten noch eine Menge zu tun, all abendlich auf dem Schützenplatz der Expo-Stadt. Und Rambo und Tony St. Clair sind auch immer da – und manchmal sogar Elfi, Heinzi und Oskar aus dem Utbremer Stübchen. Wozu hat man schließlich den ollen Mazda vom Schrottplatz an der Kohlenstraße?

Ulrich „Waschbrettbauch“

Reineking

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen