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Müntefering baut ein Haus ohne Dach

■ Der einspurige Transrapid würde alle Planungen und Kosten auf den Kopf stellen

Berlin (taz) – Als „letzten Stoßseufzer des Transrapid“ bewerteten gestern Verkehrswissenschaftler und Experten den Vorstoß des scheidenden Verkehrsministers Franz Müntefering (SPD), die umstrittene Magnetschwebebahn nur noch einspurig zu bauen. Damit werde das Projekt endgültig zur ökonomischen Groteske, sagte der Karlsruher Verkehrsprofessor Werner Rothengatter, der als Transrapid-Gutachter während der Planungsphase das Verkehrsaufkommen zwischen Hamburg und Berlin berechnet hatte.

Die einspurige Trassenführung sei mit einem Haus vergleichbar, bei dem aus Kostengründen nur das Erdgeschoss gebaut und auf das Dach verzichtet werde. Der einspurige Betrieb würde die Leistungsfähigkeit mindestens halbieren, weil großzügige Pufferzeiten und Ausweichbuchten eingeplant werden müssten. Die zuletzt vorgesehenen Taktzeiten – alle 20 Minuten ein Zug – seien wegen des Begegnungsverkehrs nicht mehr einzuhalten. Auch sicherheitstechnisch stellten sich ganz neue Probleme. Im Vergleich mit einer ICE-Verbindung wäre der Transrapid dann vermutlich das langsamere System, glaubt Rothengatter. Für das staunende Ausland, dem man den Stelzenzug verkaufen wolle, werde das Projekt auf diese Weise endgültig zur Lachnummer.

Die Sprecherin der Deutschen Bahn AG, Christine Geißler-Schild, kommentierte den Müntefering-Vorschlag betont vorsichtig. Er bringe „völlig veränderte Rahmenbedingungen“ für das Projekt. Die geplanten Fahrgastzahlen von acht Millionen Reisenden im Jahre 2010 seien mit einer einspurigen Magnetschnellbahn sicherlich nicht zu realisieren, sagte Geißler-Schild, „wir haben dann eine deutlich geringere Leistungsfähigkeit von A nach B“. Wenn die Züge zeitgleich in Hamburg und Berlin wegführen, würden sie sich in der Mitte treffen, wo dann Ausweichstellen gebaut werden müssten.

Ein internes Gutachten der Bahn AG hatte die einspurige Trassenführung als Alternative untersucht und vor den deutlich geringeren Erträgen und schlechteren Taktzeiten gewarnt. Der Studie zufolge, könne der einspurige Verkehr nur eine „Übergangslösung“ sein, eine Nachrüstung auf die zweite Spur müsse dann zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.

Nach dieser Argumentation wäre der Müntefering-Vorschlag eine Mogelpackung, um die Finanzprobleme in den Griff zu kriegen. Wenn für die eingeplanten 6,1 Milliarden Mark statt der ganzen nur die halbe Trasse gebaut werde, bedeute dies nichts anderes als eine Verdoppelung der Kosten, sagte BUND-Sprecher Martin Schlegel. Bei einer späteren Nachrüstung müsste dann die gesamt Baulogistik noch mal aufgefahren werden, was die Gesamtkosten weiter erhöhe. Und die Anwohner hätten Baulärm, Lastwagen und Dreck gleich zweimal zu ertragen.

Der Sprecher der Transrapid-Planungsgesellschaft, Peter Jablonski, begrüßte den Vorschlag des scheidenden Verkehrsministers. Die Taktzeiten würden sich bei einem einspurigen Betrieb zwar verschlechtern, aber dies könne ausgeglichen werden, wenn die Züge verlängert würden, sagte Jablonski. Dann müsste allerdings die gesamte Planung des technischen Konzepts, die Auslegung der Bahnhöfe, Nothaltepunkte und Evakuierungsstellen erneuert werden. Beim Transrapid lässt sich nämlich nicht einfach ein zusätzlicher Waggon anhängen. Manfred Kriener

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