Neuer Transrapid-Plan bringt die Koalition aus dem Takt

■ Grünen-Fraktion lehnt Münteferings Vorschlag einer einspurigen Streckenführung entschieden ab

Berlin (taz) – Der Transrapid soll nun doch gebaut werden, aus Kostengründen aber eingleisig. Das hat der gestern aus dem Amt geschiedene Bundesverkehrsminister Franz Müntefering (SPD) am Donnerstagabend im Bundestag angekündigt. Bis zum Jahr 2006 oder 2007 soll der Transrapid zwischen Hamburg und Berlin in Betrieb genommen werden.

Durch den eingleisigen Ausbau würde die im Koalitionsvertrag mit den Bündnisgrünen vereinbarte Investitionssumme des Bundes von 6,1 Milliarden Mark nicht überschritten. Ein zweigleisiger Ausbau hätte rund 1,6 Milliarden Mark mehr gekostet. Der Versuch, Privatinvestoren für diesen Betrag zu finden, war gescheitert.

Beim grünen Koalitionspartner und auch aus den eigenen Reihen erntete Müntefering am Freitag zum Teil scharfe Kritik. Die Bundestagsfraktion der Grünen erklärte gestern Abend, sie könne das Vorhaben „nicht mittragen“. Unterschrieben haben den Brief an Umweltminister Trittin die beiden Fraktionschefs Kerstin Müller und Rezzo Schlauch. Der verkehrspolitische Sprecher der Partei und Mitglied des Aufsichtsrats der Deutschen Bahn AG, Albert Schmidt, sprach von einer „schlitzohrigen Mogelpackung“. So müsse die Taktzeit der Züge von zwanzig auf dreißig Minuten verlängert werden. Das bringe weniger Fahrgäste und so weniger Einnahmen für die Bahn. Wenn für die eingeplanten 6,1 Milliarden Mark statt der ganzen nur die halbe Trasse gebaut werde, bedeute dies nichts anderes als eine Verdoppelung der Kosten, sagte Schmidt.

Auch aus den Reihen der SPD wird Kritik laut. Die parlamentarische Linke der Partei, so gestern ein Abgeordneter, werde sich wehren. Ein Protestbrief an den Kanzler sei bereits unterwegs.

Industrie und Union begrüßten den Plan dagegen. Die Planungsgesellschaft für die Magnetschwebebahn (MPG) wertete die Initiative als Signal zu Gunsten des seit Jahren umstrittenen Projekts und erklärte, der Bau könne so rechtzeitig und im vorgesehenen Finanzrahmen verwirklicht werden.

Die Sprecherin der Deutschen Bahn AG, Christine Geißler-Schild, sprach vorsichtig von „veränderten Rahmenbedingungen“. Es komme dadurch zu einer „deutlich verringerten Leistungsfähigkeit von A nach B“, die erhofften Fahrgastzahlen seien so nicht zu realisieren.

Der Karlsruher Verkehrsprofessor und Transrapid-Gutachter Werner Rothengatter sagte, mit diesem Plan werde das Projekt endgültig zur ökonomischen Groteske. Die einspurige Trassenführung sei mit einem Haus vergleichbar, bei dem aus Kostengründen nur das Erdgeschoss gebaut und auf das Dach verzichtet werde. Wegen des einspurigen Betriebs müssten großzügige Pufferzeiten und Ausweichbuchten eingeplant werden. Das aber würde die berechnete Leistungsfähigkeit auf die Hälfte zurückschrauben. Damit seien die geplanten Taktzeiten – alle zwanzig Minuten ein Zug – nicht einzuhalten. Rothengatter glaubt, dass der Transrapid damit auf die gesamte Strecke gesehen langsamer würde als der ICE. Statt dem Ausland ein Prestigeprojekt zu präsentieren, mache man sich lächerlich.

Fragwürdig wird der Vorschlag Münteferings auch durch eine Studie, die die Deutsche Bahn AG im März dieses Jahres in Auftrag gegeben hatte. Diese hatte ergeben, dass der Bau einer eingleisigen Transrapid-Strecke sich nicht lohne. Katharina Koufen

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