Tote am dritten Wahltag in Indien

Anschläge bei den bislang friedlich verlaufenen Wahlen häufen sich: 47 Menschen starben, die meisten im Bundesstaat Bihar. Zwei Wahltage folgen noch    ■ Aus Delhi Bernard Imhasly

47 Personen starben am Samstag, dem dritten Tag der Wahlen fürs indische Parlament. Die größte Zahl von Opfern, 29 Polizisten und Beamte, starben in Bihar im Osten des Landes. Dort verliehen linksextreme Guerillas ihrem Boykottaufruf Nachdruck, indem sie Fahrzeuge durch Landminen in die Luft sprengten. Dennoch betrug die Wahlbeteiligung in diesem mit 54 Abgeordneten zweitwichtigsten Bundesstaat 57 Prozent. Auch in Kaschmir kam es zu Zwischenfällen: Unbekannte griffen Wahllokale mit Raketen und Granaten an. Weitere Opfer waren bei Schusswechseln zwischen Boykottbefürwortern und Sicherheitskräften zu beklagen. Die ersten zwei Wahltage waren weitgehend friedlich verlaufen. Die Wahlergebnisse werden erst nach zwei weiteren Urnengängen am 6. Oktober bekannt.

Die aus logistischen Gründen notwendige Ausdehnung der Stimmabgabe auf einen ganzen Monat hatte die Wahlkommission veranlasst, die Publikation sogenannter Exit Polls zu verbieten; sie fürchtete, dass sie das Wahlverhalten in den noch folgenden Urnengängen beeinflussen könnte. Das Oberste Gericht hat diese Verordnung aber als Eingriff in das Recht auf freie Meinungsäußerung aufgehoben. Aufgrund dieser Umfragen zeigt sich, dass die regierende BJP und ihre insgesamt 23 Alliierten weniger Sitze gewinnen, als die Meinungsumfragen ihnen vor den Wahlen einräumten. Die Kongress-Partei schneidet dagegen wider Erwarten besser als erwartet ab. Verlierer wären demzufolge die Restparteien aus der ehemaligen Dritten Front, darunter die Kommunisten. Falls sich dieser Trend fortsetzt – und die Wählerangaben der Wahrheit entsprechen – zeichnet sich für die regierende BJP-Allianz zwar ein Sieg ab, der mit knapp 300 (von insgesamt 543) Sitzen jedoch knapp wäre.

Wahlbeobachter sehen einen Grund in der Abschwächung des für die BJP positiven Trends unter anderem darin, dass die gegen Sonia Gandhi gerichtete Kampagne nur beschränkte Wirkung zeigt. Auch die Leuchtkraft von Premierminister A. B. Vajpayee als Sieger von Kargil bleibt relativ blass, umso mehr als sich Gerüchte halten, wonach es während dieses Waffengangs Geheimgespräche mit Pakistan gegeben habe.