■ PDS-„Jerry“ führt Opposition

Das sozialistische Pendant zu „Tom und Jerry“ nannte sich seinerzeit „Hase und Wolf“. Ständig bekam der Wolf eins auf die Mütze. In jeder Folge schrie er „Nu pogody“ – na warte, Hase. Einziger Unterschied zum imperialistischen Vorbild: Die Ostvariante der Zeichentrickreihe wurde einem bedeutend höheren künstlerischen Anspruch gerecht.

So wie Peter Porsch.

Der ist Professor, Wiener, alter SED-Kader – und zweiter Sieger der Sachsenwahl. Mit über 22 Prozent demütigte die PDS die Sozialdemokratie, die um die Zehn-Prozent-Marke herum lavierte: Der Oppositionsführer in Dresden heißt also Peter Porsch. Wer den Wiener kennt, weiß, dass Porsch leise, schlau und witzig wie der Hase im Trickfilm ist. „Nu pogody“. Der eloquente Germanist wirkt eher wie ein Kaffeehaussozialist und hebt sich angenehm von den Apparatschiks der PDS ab.

1973 siedelte der überzeugte Marxist Porsch – bereits in Wien war er Mitglied der Freien Österreichischen Jugend – in die DDR über. Der Grund war eine Frau. Porsch hatte sie 1966 bei einem Hockeyspiel in Jena kennen gelernt. Jetzt wollte man heiraten. Bei seiner zweiten Heirat wurde Porsch 1979 DDR-Deutscher. Drei Jahre später wurde aus dem DDR-Bürger ein guter DDR-Bürger: Porsch trat der SED bei. Als 1988 an jeder Uni in der DDR auf marxistisch-leninistischer Grundlage ein philologischer Lehrstuhl gebildet wurde, erhielt Porsch einen Ruf als Professor für Sprachtheorie und -soziologie. Dann kam die Wende.

Zur dritten Ehefrau kam deshalb die dritte Karriere hinzu: Porsch ging in die Politik, zog 1990 für die PDS in den Landtag ein, wurde schließlich Landesvorsitzender. Seine Vermittlungskünste zwischen Altkommunisten und Reformern machten ihn zur Integrationsfigur der Sachsen-PDS. Die Landespartei schlitterte, als Porsch den Vorsitz abgab, prompt in Flügelkämpfe. Die konnten erst beendet werden, als Porsch 1997 den Landesvorsitz wieder übernahm.

Bei der letzten Bundestagswahl hatten ein Fünftel der Sachsen für die PDS gestimmt. Damit das Ergebnis so gut bleibt, schickten die Sozialisten auch „Hase und Wolf“ in den Wahlkampf. Motto: Bloß nicht unter die Walze kommen. Jetzt ist die SPD unter der Walze. „Nu pogody“. Prompt kommentierte Porsch cool: Es sei offenbar Normalität, dass die PDS im Osten stärker abschneide als die SPD.

Nick Reimer, Dresden