■ Das Portrait
: Die tüchtige Hausfrau

Constanze Krehl

Während Karl-Heinz Kunckel vor den Mikrofonen noch „einen ganz tiefen Einschnitt in die persönliche Lebensplanung“ bilanzierte, dachte Constanze Krehl schon weiter. Sachsens neue SPD-Chefin spricht von Kurswechsel und davon, dass die sächsische Landespartei „sprachfähig“ werden muss. „Bislang war hier die Fraktion Nabel der sozialdemokratischen Welt. Das wird sich ändern“. Muss sich auch. Der Nabel ist nach dem Wahldebakel nämlich mächtig klein geworden – genauer um acht Abgeordnete auf ganze 14.

Einstimmig wurde die Europaparlamentarierin Krehl am späten Montag vom Landesvorstand beauftragt, die von Kunckel niedergelegten Geschäfte kommissarisch zu leiten. Auf einem Sonderparteitag will sich Krehl am 30. Oktober von den Delegierten bestätigen lassen. Gegenkandidaten? Derzeit keine in Sicht. Aber das heißt noch nichts. Die sächsischen Sozis sind noch dabei, nach dem desaströsen Ergebnis klare Gedanken zu fassen.

„Man kann eine Landespartei auch von Brüssel aus leiten“, traut sich Krehl das neue Amt zu. Der aus Leipzig stammenden Informatikerin ist aber klar, „dass meine ganze Kraft jetzt erst mal hier gebraucht wird“. Europa muß bis zum Parteitag hintanstehen. Zu den ganz wichtigen Plenarsitzungen fährt sie aber natürlich.

Krehls politische Biografie – sie hat zwei Kinder, ist geschieden – begann im Wendeherbst. Im Januar 1990 war sie in Eisenhüttenstadt Mitbegründerin der Ost-SPD. Dann wurde sie im März in die Volkskammer gewählt und dort stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Die heute 42-Jährige gehörte zu den ostdeutschen Europapolitikern der ersten Stunde. Im Februar 1992 ging sie zunächst als Beobachterin nach Straßburg, seit 1994 ist sie Abgeordnete der Fraktion der Europäischen Sozialdemokraten. Beharrliches Arbeiten bescheinigt man ihr dort, was ihr im Haushalts- und Verkehrsausschuss einigen Respekt einbrachte. In Sachsen war sie zuletzt Stellvertreterin Kunckels, wirkte entscheidend an der Entstehung des im Februar verabschiedeten Grundsatzprogramms der Landespartei. „Wir fühlen uns nicht als Verlierer unserer sächsischen Politik, sondern als sächsische Verlierer der Bundespolitik“, sagt Krehl, um dann der taz zu bekennen: „Mir ist noch gar nicht wirklich klar geworden, wie tief wir jetzt gesunken sind.“ Fakt ist: Jetzt müsse intensiv über das Schröder/Blair-Papier debattiert werden. Und es gilt endlich zu definieren, was die „neue Mitte“ ist.

Nick Reimer