Die Beratung geht ohne päpstlichen Segen weiter

■ Katholische Laien gründen Vereine für die Konfliktberatung von Schwangeren

Berlin (taz) – Die katholischen Laien in Deutschland haben das Theater satt. Der Papst befiehlt der Kirche und den „ihr nahestehenden Organisationen“, aus der Schwangerenkonfliktberatung auszusteigen, sie organisieren sich neu. „Unter der Schirmherrschaft der Kirche können wir nicht weiterberaten – so weit, so gut“, heißt es bei den katholischen Laien. Also dann ohne den Segen Roms – und auch ohne die Bischöfe.

Auf eine mögliche Eigeninitiative der Oberhirten, in ihren Diözesen das päpstliche Dekret zu unterlaufen, wollen die Gläubigen nicht bauen. Stattdessen besinnen sie sich auf ihr Recht als mündige Staatsbürger und verkünden: Wir sind organisationsfähig – auch ohne die Kirche. Die Schwangerenkonfliktberatung, so heißt es, soll aus den kirchlichen Beratungsstellen ausgliedert und in eigens dafür gegründeten Vereinen unter dem Namen Donum Vitae weitergeführt werden. Die Initiatoren dieser Vereine hoffen dabei auf ihre Anerkennung durch die Länder, die auch in den kirchlichen Verbänden bis zu 80 Prozent der Beratungsarbeit finanzieren. Die Lücke, die die Kirche hinterlässt, wollen die Vereine durch Spenden schließen.

Schon jetzt gäbe es eine Spenderliste, die „tief in die katholischen Kernschichten hineinreiche“. Richter, Politiker, Lehrer, Rechtsanwälte und andere „Katholiken aus Überzeugung“ hätten angeboten, ein von der Kirche unabhängiges Beratungssystem auf Dauer finanziell zu unterstützen. „Wir werden am Freitag Namen veröffentlichen“, heißt es aus den Laienorganisationen, „da werden sich die Bischöfe noch wundern.“

Doch ein flächendeckendes Beratungsangebot der Katholiken wird mit dem neuen Konzept zunächst kaum möglich sein. Die Laienorganisationen wollen aber versuchen, in jeder größeren Stadt baldmöglichst mindestens einen Verein zu gründen. Auf Dauer sollen die Vereine dann in eine Stiftung überführt werden. Die bayerische Sozialministerin Barbara Stamm (CSU) hat sich bereits für eine solche Stiftung stark gemacht und ihre persönliche Mitgliedschaft angekündigt. Auch die CDU-Politikerin Rita Süssmuth kündigte ihre Unterstützung an.

Die katholischen Laienorganisationen wollen auch in Zukunft Frauen erreichen, die um eine Entscheidung für oder gegen ein Kind „ringen“. Frauen in Konfliktsituationen würden erfahrungsgemäß gern eine katholische Beratungsstelle aufsuchen, aber nur dann, wenn ihnen zumindest die Möglichkeit offenstünde, einen Schein, der sie zum Abbruch berechtigt, mit nach Hause zu nehmen. Nach Angaben des Sozialdienstes der katholischen Frauen stehen 25 Prozent der Klientinnen, die sich einen Schein ausstellen lassen, einige Monate später mit dem Kinderwagen vor der Türe.

Entlassungen sind nach Einschätzung der katholischen Laien aufgrund der geplanten strukturellen Veränderungen nicht zu befürchten. In den kirchlichen Beratungsstellen macht die Schwangerenkonfliktberatung derzeit nur etwa 20 Prozent der Beratungsarbeit aus. Barbara Schemmer, die stellvertretende Pressesprecherin der Berliner Caritas, hält die Ausgliederung dieses Bereichs jedoch für schwierig, da sich wenige BeraterInnen darauf spezialisiert hätten. Der Präsident der Deutschen Caritas, Hellmut Puschmann, hatte am Montag verkündet, er werde die Pläne für ein alternatives Beratungssystem unterstützen.

Michaela Kirschner