■ Diepgen des Tages
: Eberhard Wolff

Die liberalen Staatsfeinde haben einen neuen Mitstreiter gewonnen: Morgen tritt Eberhard Wolff bei der FDP ein – jener Tabakhändler, der seine Filiale in den Potsdamer Platz Arkaden seit Wochen jeden Sonntag rechtswidrig öffnet. In den Zeitungen durfte er sich als „Rebell vom Potsdamer Platz“ feiern lassen, der „aus Protest gegen den Ladenschluss die Verhängung hoher Bußgelder riskiert“. Am Ende erwiesen sich die Opfer, die Wolff auf dem Altar der Freiheit darbringen musste, als ausgesprochen bescheiden. 1.500 Mark Umsatz hatte Wolff pro Sonntag gemacht, das „hohe Bußgeld“ belief sich am Ende auf 75 Mark. Zwar wollte das Landesamt für Arbeitsschutz Wolffs Laden schließen, doch das Verwaltungsgericht fiel den Gesetzeshütern mit kuriosen Argumenten in den Arm. Das Ladenschlussgesetz, argumentierten die Richter, werde von niemandem mehr ernst genommen.

Das hat das Gesetz mit der Partei der Besserverdienenden gemein, und deren ehemaligem Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt ergeht es ebenso. Also werden sich die Berliner FDP, der Ex-Minister und Herr Wolff morgen Abend in ihrer Bedeutungslosigkeit vereinen – und zwar in einer Vorortkneipe mit dem schönen Namen „Café Nass“.

„Die Liberalen“, wird Herr Wolff verkünden, „sind die Einzigen, die mich rückhaltlos bei meinen Bemühungen für die Aufhebung des Ladenschlussgesetzes unterstützen!“ Da übertreibt der gute Mann ein bisschen: Der Berliner CDU-Generalsekretär Volker Liepelt drängte sich sonntags ebenso in seinen Laden wie der Lichtenberger SPD-Baustadtrat. Und der Senat hatte mit seiner Erlaubnis für den Verkauf touristischen Bedarfs das geltende Recht arg strapaziert.

Weit weniger geschickt als Wolff agierte die Schweriner PDS-Fraktionsvorsitzende Caterina Muth: Sie musste zu Jahresbeginn zurücktreten, weil sie im Drogeriemarkt ein Fläschchen Wimperntusche nicht bezahlt hatte. Vielleicht war die heldenhafte Frau Muth das Risiko ja deshalb eingegangen, weil sie gegen die Kriminalisierung des Ladendiebstahls protestieren wollte? Molly Bluhm