Erster Wetterbericht vom Mars

■ Dank der Nasa wissen die Marsianer endlich, was sie morgen anziehen sollen

Berlin (taz) – Hach, die Nasa. In ihren cleveren Kampagnen zum Geldscheffeln wird sie höchstens noch vom US-Verteidigungsministerium übertroffen. Das neueste Gimmick der Raumfahrtbehörde ist der Mars Climate Orbiter, kurz MCO genannt. „Nach einer Reise von 670 Millionen Kilometern in neun Monaten ist das MCO nun fertig für seinen dramatischsten Moment“, so Sam Thurman, der Flugmanager des Satelliten. Er hätte einfach sagen können, dass die Sonde heute Morgen in eine Umlaufbahn um den Roten Planeten einschwenkt, aber dann wäre es ja nur halb so schön. Es handelt sich immerhin um den ersten interplanetaren Wettersatelliten.

Der Climate Orbiter ist aber auch jenseits der Propaganda ein interessanter Kasten. Eingehüllt in die übliche golden glänzende Plastikfolie, 2 Meter im Durchmesser und mit 5,5 Meter breiten Solarflügeln ausgestattet, umkreist unseren äußeren Nachbarplaneten seit heute ein ausgebuffter Wetterspion. Mit Hilfe seines „Druck-Modulator Infrarot-Strahlenmessgerätes“ misst er Druck, Temperatur und Luftfeuchtigkeit der dünnen Marsatmosphäre unter sich. Das Gerät wurde von Amis und Russen gemeinsam entwickelt.

687 Tage oder ein Marsjahr lang beobachtet MCO die Wolken und Winde an der Oberfläche – wo das Thermometer regelmäßig unter 80 Grad minus fällt. Damit die Marsianer künftig auch wissen, was sie morgen anziehen sollen, erstellt der Orbiter auch einen Wetterbericht, täglich und global. Dazu nutzt er auch die Bilder seiner Farbkamera, die während des langen Aufenthalts gleich noch eine Landkarte mit einer Auflösung von 40 Metern abfilmt und zur Erde funkt.

Für die Nasa zeichnet sich der Mars durch „das gastfreundlichste Klima im Sonnensystem“ aus (im Internet: http://mars.jpl.nasa.gov/msp98/science.html). Die neuen Daten sollen die Wissenschaftler nun in die Lage versetzen, das Klima bis in längst vergangene Zeiten zurückzuverfolgen. Denn bisher fehlt der Beweis, ob es überhaupt jemals Leben, zum Beispiel in Bakterienform, auf dem Staubplaneten gegeben haben kann.

Der Orbiter dient auch als Relaisstation zur Erde; einerseits für kommende Marsmissionen, andererseits für den Mars Polar Lander. Diese Sonde trägt das MCO praktisch huckepack und wirft sie am 9. Dezember über dem Südpol des Mars ab. Der Lander wird dort versuchen, das Rätsel um die Polkappen zu lösen: Bis heute ist unklar, warum die Eiskappe im Norden meist zehnmal größer ist als die im Süden. Vielleicht ham's die dortigen Südstaatler ja zum Marsbierkühlen bei ihrem Oktoberfest benutzt. Reiner Metzger