Ein Theatertraum wird sich erfüllen

■  Theaterdirektor Claus Peymann machte aus einem Baustellenrundgang durch die wohl best ausgestattete Bühne Berlins eine Inszenierung mit Musik, Lichteffekten und Konfettiregen. Ort der Handlung: das Berliner Ensemble. Titel des Stücks: „Baustelle BE“. Regie und Hauptrolle: Peymann selbst

Nichts ist langweiliger, als durch eine gewöhnliche Baustelle zu stapfen. Deshalb hat gestern – zwei Monate vor der geplanten Wiedereröffnung des Berliner Ensembles (BE) – Theaterdirektor Claus Peymann aus der Baustellenführung durch das im Umbau befindliche Haus eine Inszenierung werden lassen.

Der Beginn des Theaterstückes war gefährlich. Deshalb wurden Schutzhelme an das Publikum verteilt. Auf dem Höhepunkt der Darbietung verwandelten sich die Kulissen in eine Geisterbahn. Sphärische Musik erklang, Lichteffekte und ein diabolisch dreinschauender Hauptdarsteller machten richtig Angst. Das Finale kam dann großartig. Eine Fanfare dröhnte, Feuerwerkskörper explodierten, und es regnete Konfetti. Vorhang.

Als spielte man richtiges Theater, wurde dem journalistischen Publikum ein Programmheft gereicht, das mit Regieanweisungen gespickt war. Gegeben wurde das Stück „Baustelle BE“, dessen Handlung der Dramaturgie aus Goethes „Faust“ entliehen war: „Aufstieg“ in das neue Direktorenzimmer über dem Hauptgebäude. „Abstieg, mir nach“ (Peymann) in den sanierten Zuschauerraum des Theaters, wo „Stimmen der Theatergeister“ und Musik ertönten. Und „hinauf zu Neuem“ in den Neubau des Probensaals unter Klängen von Beethovens Ouvertüre „Weihe des Hauses“.

Peymann selbst gab den Hauptdarsteller, spielte, chargierte, zitierte und ließ sich feiern. „Wenn ihr ein Foto möchtet, ich mache alles, was ihr wollt.“ Und um die Spannung zu halten, kündigte er an: „Im Weigel-Zimmer kommt dann was Lustiges.“ Gemeint waren die Anekdoten über den Liebhaber Bert Brecht, betrunkene Schauspieler oder den T-34-Panzer, dessen Motor bis heute die Drehbühne antreibt.

Wer hinter die Kulissen der „Baustelle BE“ schaut, dem fällt auf, dass Peymann mit dem 15 Millionen Mark teuren Umbau des Theaters samt großem neuen Probensaal die wohl best ausgestattete Bühne Berlins erhält. Außer dem Direktionszimmer für den Regisseur selbst wurden mittels eines Aufbaus zusätzliche Räume für die Verwaltung, Dramaturgie, die Garderobe und die Schauspieler geschaffen. Das Hauptgebäude erhält eine komplett neue Technik im Schnürboden, außerdem werden durch den Einbau von zwei Hubpodien im Orchestergraben mehr Sitzreihen gewonnen.

Im Zentrum des Umbaus aber steht die neue Probebühne, die über dem Kantinentrakt hochgezogen wurde: 400 Quadratmeter groß, neun Meter hoch und 26 Meter lang, „ein Theatertraum“ für Peymann.

Und für das „hochverehrte Publikum“ ist auch etwas abgefallen. Das ehemalige Arbeitszimmer von Bertolt Brecht und Helene Weigel im BE wird künftig für die Öffentlichkeit zugänglich sein. In den Räumen, prophezeite Peymann, würden Ausstellungen mit Dokumenten aus dem Brecht- Archiv des Theaters gezeigt, darunter auch Modellbücher zu Brechts Inszenierungen. In den Pausen sollen die Besucher dort, wo einst die beiden Gründer des Berliner Ensembles arbeiteten, kulinarisch verpflegt werden.

Bis Ende November sollen Ausbau und Renovierung des Theaters am Schiffbauerdamm abgeschlossen werden. Als Premiere steht „Die Brecht-Akte“ von George Tabori auf dem Programm. Die wahre Premiere aber, die lief schon gestern. Rolf Lautenschläger