Der Weg zur UNO-Reform ist weit

Der Ansatz, im Namen der Menschenrechte zu intervenieren, weist in die richtige Richtung. Wie die UNO handlungsfähig gemacht werden soll, ist weiter offen  ■   Von Andreas Zumach

Genf (taz) – Die diese Woche unter Beteiligung von Bundesaußenminister Joschka Fischer geführte Debatte der UNO-Generalversammlung, Menschenrechte endlich höher zu gewichten als das bisherige Sanktuarium der „nationalen Souveränität“, war überfällig. Die Forderung, zur Verhinderung oder Beendigung von Völkermord und anderen schweren Menschenrechtsverletzungen in die „inneren Angelegenheiten“ souveräner Staaten zu intervenieren – notfalls auch mit militärischen Zwangsmitteln –, ist nur folgerichtig. Die Feststellung schließlich, dass für derartige Interventionen die UNO zuständig ist und daher ihre Handlungsfähigkeit verstärkt werden muss, ist die wichtigste Vorbedingung dafür, dass sich in dieser Frage ein neuer Konsens unter den UNO-Staaten entwickeln kann. Doch diese Forderungen aus dem Mund des deutschen Außenministers konnten in New York viele Zuhörer insbesondere aus Staaten des Südens nicht überzeugen. Ein UNO-Mandat für ein internationales Eingreifen im Kosovo-Konflikt sei an Russland und China gescheitert – diese Rechtfertigung Fischers für den völkerrechtswidrigen Luftkrieg der Nato als eine humanitär gebotene „Ausnahme“ bleibt eine Legende.

Weder vor ihrer ersten Luftkriegsdrohung vom Oktober vergangenen Jahres noch in den folgenden fünf Monaten bis Kriegsbeginn haben sich Deutschland und die anderen Nato-Staaten ernsthaft um ein UNO-Mandat bemüht. Zudem war Fischer am Washingtoner Gipfelbeschluss der Nato beteiligt, in dem die Mitglieder der Allianz für die Zukunft ausdrücklich das „Recht“ auf derartige „Ausnahmen“ von einem UNO-Mandat für sich reklamieren.

Dieser Beschluss der Nato und ihr Vorgehen im Kosovo-Konflikt haben die Front der Hardliner in der UNO, die wie beispielsweise Algerien oder Kolumbien menschenrechtlich begründete Interventionen in sogenannte „innere Angelegenheiten“ souveräner Staaten prinzipiell ablehnen, gestärkt. Viele Staaten, die diese prinzipiellen Einwände nicht teilen, macht jedoch die Selektivität „humanitärer Interventionen“ misstrauisch. Sie wurde auch von UNO-Generalsekretär Kofi Annan kritisiert mit dem Hinweis auf den scharfen Kontrast zwischen dem massiven Eingreifen im Kosovo-Konflikt und der unterbliebenen Intervention beim Völkermord in Ruanda.

Wie die UNO in die Lage versetzt werden soll, künftig, wenn nicht völlig flächendeckend, so doch in mehr Konflikten mit schweren Menschenrechtsverstößen als bisher, rechtzeitig einzugreifen, wurde in der Debatte nicht deutlich. Joschka Fischer beließ es bei vagen Aufrufen zur „Stärkung“ der UNO. Die dauerhafte Abstellung deutscher Soldaten oder anderer militärischer Ressourcen an eine ständige UNO-Eingreiftruppe wird von der Berliner Regierung bislang nicht einmal erwogen.

Und die von der rot-grünen Koalition verfügte Halbierung und geplante völlige Streichung der deutschen Beiträge für wichtige konfliktpräventive Programme der UNO wie den Bevölkerungsfonds und das Entwicklungsprogramm hat die Glaubwürdigkeit von Fischers New Yorker Rede nicht gerade erhöht.