So teuer ist Umweltschutz nicht

Mit Subventionen für die Wirtschaft wird der Natur ein immenser Schaden zugefügt. Mit nur einem Bruchteil des Geldes könnte man die Umwelt schützen  ■   Von Reiner Metzger

Berlin (taz) – Weltweit werden jährlich Unsummen für Subventionen verwendet, die nicht nur die öffentlichen Haushalte belasten, sondern auch noch der Natur und der Wirtschaft schaden – so eine Studie von Wissenschaftlern der britischen Universitäten Cambridge und Sheffield in der neuesten Ausgabe des Fachmagazins Nature. Die Milliarden und Billionen Dollar purzeln nur so durch den Artikel, am Ende steht das Fazit: „Wir können unsere Ressourcen weltweit mit den zur Verfügung stehenden Mitteln gut erhalten – das Hindernis auf diesem Weg ist der politische Wille, die Struktur der Regierungsausgaben zu ändern.“ Geschrieben haben die Studie der Wirtschaftler Alexander James, der Zoologe Andrew Balmford, beide Cambridge, sowie der Artenvielfaltsforscher Kevin Gaston aus Sheffield. Sie ziehen erst einmal Bilanz. Nach Berechnungen aus dem Jahr 1997 produzieren die Ökosysteme der Welt pro Jahr einen wirtschaftlichen Wert von 33 Billionen Dollar.

Die Ausgaben für die Erhaltung von Natur in den verschiedensten Formen, von Regierungen und privaten Spendern, belaufen sich dagegen auf bescheidene sechs Milliarden Dollar, 453 Dollar pro Quadratkilometer im weltweiten Durchschnitt.

Um die Natur in ihrer bisherigen Form und Vielfalt zu erhalten, müssten etwa zehn Prozent der Landfläche einigermaßen strikt geschützt werden. Das klingt nach mehr, als es ist, weil in den Industriestaaten diese Zahlen schon in vielen Ländern erfüllt sind. 90 Prozent der Ziel-Fläche müssten in den Entwicklungsländern geschützt werden – wodurch die Kosten nach Angaben der Autoren stark gesenkt würden.

James und seine Kollegen gehen dabei durchaus nach dem Motto „think big“ vor, denn sie wollen die zehn Prozent der Fläche kaufen. Das würde nach den derzeitigen Preisen etwa 164 Milliarden Dollar kosten. Verteilt über 30 Jahre wären das aber trotz einer Verzinsung des Kapitals von fünf Prozent nur 10,9 Milliarden pro Jahr. Dazu kommen dann noch jährliche Kosten von 3,3 Milliarden für die Überwachung und das Management dieser Flächen.

Doch das ist nur der Anfang. Denn ein Reservat funktioniert nur dann auf lange Sicht, wenn die Bevölkerung vor Ort keinen Nachteil davon hat. Sie muss also für die entgangene Nutzung der Schutzgebiete entschädigt werden. Die dafür nötige Summe beziffern die britischen Spezialisten auf nur knapp fünf Milliarden Dollar pro Jahr. Das Problem ist jedoch, diese Zahlungen so zu organisieren, dass sie für Investitionen zur Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen verwendet werden.

Wenn die natürlichen Ressourcen bei der derzeitigen Wirtschaftsweise auf lange Sicht gesichert werden sollen, müssen allerdings auch die Gebiete außerhalb der Schutzzonen miteinbezogen werden – dort wo Land- und Forstwirtschaft oder Fischerei betrieben wird.

Vor allem der Schutz der Artenvielfalt in der Landwirtschaft käme teuer. Hier verfügen die Autoren nur über einigermaßen gesicherte Zahlen für Großbritannien, sie errechneten Kosten in der Höhe von etwa 2,4 Milliarden Mark pro Jahr. Weil die Agrar-Weltproduktion gut hundertmal so hoch ist wie die im Königreich, würde die weltweite Einführung von „grüner“ Landwirtschaft wohl 290 Milliarden Dollar kosten.

Doch die derzeit betriebene Alternative ist viel teurer: „Perverse Subventionen wie für die Überproduktion in der Landwirtschaft, die Überfischung der Meere durch den kommerziellen Fischfang“ und so weiter kosten laut dem Institute for Research of Public Expenditure in Den Haag zwischen 950 Milliarden und 1,45 Billionen Dollar im Jahr. Die Agrarsubventionen der EU kosten 82.500 Dollar pro Quadratkilometer. Pro Jahr.

Weitere Infos unter www.nature.com. Autoren: anj100cam.ac.uk, apb12cam.ac.uk, k.j.gastonsheffield.ac.uk