Kerngesundes Kraftpaket

Herb-aromatisch oder zuckersüß, auf Wunsch auch mit Bananen-Aroma: Der Apfel ist vielseitiger, als viele denken  ■ Von Karen Schulz

Falls Eva ihrem Adam tatsächlich eine Frucht der Verführung reichte, ist zumindest eines klar: Es kann nur ein Apfel gewesen sein. Kaum eine andere Frucht hat soviel zu bieten und wird auch bei uns so häufig gegessen: Der Pro-Kopf-Verbrauch liegt immerhin bei ca. 17 Kilogramm im Jahr.

Weltweit gibt es über 20.000 Apfelsorten, in Deutschland allein schon 1000 – nur wo, das fragt man sich manchmal angesichts der gelben (Golden Delicious), quietschegrünen (Granny Smith) oder rotgelben (Royal Gala) Einheitsberge im Supermarkt. Leider hat die Massenproduktion auch im Obstsektor zur Konzentration auf einige wenige Sorten und zur Vereinheitlichung des Geschmacks geführt.

Wer nie auf dem Markt einkaufen geht oder auch dort nur den üblichen Apfelkanon erwirbt, dem entgehen deshalb besondere Geschmackserlebnisse. Nichts geht beispielsweise am Sommerende über die ersten frischen Augustäpfel mit ihrer knackigen Säure, die leider nicht lange lagerbar sind.

Die ganze Apfelvielfalt deckt unterschiedlichste Aromen- und Konsistenzwünsche ab – von beißend sauer über herb-aromatisch bis zu zuckersüß und von mehlig bis knackig-bissfest. Und damit nicht genug: Die Frucht liefert geradezu ein Feuerwerk an wertvollen Inhaltsstoffen. Mehr als 30 Mineralstoffe und Spurenelemente, Pektin, Fruchtsäuren und eine beachtliche Reihe von Vitaminen stecken in dem runden Kraftpaket. Nicht umsonst heißt ein englisches Sprichwort: „An apple a day keeps the doctor away“ (ein Apfel pro Tag hält den Arzt fern). Doch wieviel Vitamine enthalten sind, variiert nicht nur von Sorte zu Sorte, auch die Lagerdauer spielt eine Rolle.

Insbesondere während der Haupterntezeit im Herbst mutet daher der Kauf von neuseeländischen oder chilenischen Äpfeln schon etwas verrückt an – abgesehen vom Geschmack können es diese Früchte mit den frisch geernteten heimischen in puncto Gesundheit einfach nicht aufnehmen.

Wer nicht nur kurze Lieferwege bevorzugt, sondern auch Geschmacksexperimente liebt, der sollte weniger bekannten Sorten gegenüber aufgeschlossen sein: So mancher Schatz hängt da am Baum oder liegt in der Kiste auf dem Markt. Zweimal pro Woche verkauft beispielsweise Eckart Brandt aus Großenwörden (Landkreis Stade) seine Äpfel auf Hamburger Ökomärkten. Bei ihm findet man ganz ausgefallene Sorten wie den Seestermüher Zitronenapfel mit zitronigem Aroma oder den Mutterapfel, der nach Banane schmeckt. Kein Wunder, denn in Brandts „Boomgarden-Projekt“ werden fast vergessene Obstsorten gesammelt und kultiviert. Dafür reist Eckart sogar von Baum zu Baum, um immer neue „alte“ Sorten wiederzubeleben – schon 780 Apfelsorten konnte er so sammeln.

So ein alter knorriger Obstbaum im Garten sieht sehr malerisch aus. Wer die Äpfel jedoch verschmäht, weil sie zu sauer oder holzig sind, aber nicht mit ansehen möchte, dass die Früchte allein als Vogelfutter dienen, kann sich dem AKOWIA-Projekt anschließen: Der Verein knik e.V. in Raisdorf sammelt alljährlich Äpfel, um daraus besonders hochwertigen Apfelsaft herzustellen. Die Früchte dafür kommen von Obstwiesen, die nicht wirtschaftlich genutzt werden – von bis zu vier Hektar großen Flächen, aber auch von monumentalen Einzelbäumen.

Neben dem Bestreben, auf diese Weise alte Obstbäume zu erhalten und für Neupflanzungen zu sorgen, geht es auch bei Verarbeitung und Vertrieb um umweltfreundliche Bedingungen. Die Lieferstrecke vom Erzeuger zur Mosterei soll maximal 50 Kilometer betragen, der Saft wird getrennt von nicht gekennzeichnetem Obst in den Mostereien verarbeitet und ausschließlich in Pfandflaschen abgefüllt.

Mehrere Liefertermine pro Jahr und unverzügliche Verarbeitung führen dazu, dass unterschiedlichste Saftaromen produziert werden – ein leckeres Dokument der Sortenvielfalt, die vom „Schlotterapfel“ bis hin zum „Wohlschmecker von Vierlanden“ mit einfallsreichen Namen für sich wirbt.

Eckart Brandts Boomgarden-Äpfel gibt's Donnerstagnachmittag auf dem Ökomarkt Eimsbüttel, Freitag vormittag auf dem Ökomarkt Nienstedten; knik e.V., An der Schwentine 13, 24223 Raisdorf, Tel. 04307/236; den AKOWIA-Saft erhält man u.a. bei Reinecke's Getränke-Laden, Holländische Reihe 3-5, Tel. 39 71 95.