Parlament für Heroinabgabe

■  CDU-„Hardliner“ erkennen Beschluss wegen angeblicher Formfehler nicht an. Grüne kritisieren die SPD: Sozialdemokraten wollen keine Druckräume in der Hauptstadt

Berlin soll am bundesweiten Modellversuch zur ärztlich kontrollierten Heroinabgabe an Schwerstabhängige im nächsten Sommer teilnehmen. Das beschloss am Donnerstagabend das Abgeordnetenhaus mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS.

Die CDU will den Beschluss nicht anerkennen und hat Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU) aufgefordert, das Prozedere zu überprüfen. Ihr Vorwurf: Der Hauptantrag sei im Parlament nur durchgewunken, nicht aber mit Handzeichen abgestimmt worden. Die Mehrheit sieht darin jedoch keinen Verstoß gegen die Geschäftsordnung, da der Antrag auf der sogenannten Konsensliste gestanden habe. Auf diese Liste kommen alle Anträge, über die sich die Geschäftsführer der Fraktionen vorher geeinigt haben.

Der sozialpolitische Sprecher der Grünen, Michael Haberkorn, vermutet hinter dem Protest der CDU-Fraktion letztlich nur den Versuch von Hardlinern, sich „ideologisch durchzusetzen“. Denn im federführenden Gesundheitsausschuss hätten zuvor auch einige CDU-Abgeordnete wie Thomas Georgi für den Antrag der Grünen gestimmt. Der innenpolitische Sprecher der CDU, Roland Gewalt, bezweifelt gegenüber der taz den Sinn einer Heroinabgabe auf Rezept. Die dazu gewonnenen Erkenntnisse, beispielsweise in der Schweiz, seien nicht überzeugend.

In dem Antrag wird der Senat aufgefordert, „eine Beteiligung nach eindeutiger Klärung der wissenschaftlichen und finanziellen Bedingungen sicherzustellen“. Dabei dürfe das bestehende Drogenhilfesystem nicht reduziert werden. Der Versuch richtet sich an erwachsene Schwerstabhängige, die mehrere erfolglose Therapieversuche hinter sich haben. Laut der Landesdrogenbeauftragten Elfriede Koller können sich in Berlin 100 bis 150 Schwerstabhängige an dem Versuch beteiligen. Für das Modell müssten mindestens 2,6 Millionen Mark veranschlagt werden. Haberkorn begrüßte den Beschluss: „Auch in Berlin hat sich endlich die Vernunft in der Drogenpolitik durchgesetzt.“ Es sei aber schade, dass die SPD nicht der Bundespartei gefolgt sei und die Einrichtung von Druckräumen unterstützt habe.Die drogenpolitische Sprecherin der SPD, Evelin Neumann, zeigte sich zufrieden, da man „einer kleinen Gruppe Schwerstabhängiger besser mit dem Originalstoff Heroin als mit Methadon helfen“ könne. Druckräume hält sie für problematisch: „Druckräume können von nicht abhängigen Jugendlichen als ein verharmlosendes Signal missverstanden werden.“ sam/rol